Das ist eine Nachricht, die die Nachrichtenflut über das Erdbeben in Haiti fast vollkommen verschluckt hat: es gab auch ein Erdbeben in Deutschland, eins, das jetzt fast keiner bemerkt hätte. Eins, das auch keiner erwartet hätte, denn die stabile Nachrichtenlage sagt uns ja: alles ist ruhig an der Arbeitslosenfront. Gibt eigentlich keine neuen Arbeitslosen, alles nicht so schlimm wie erwartet.
Nun ... Lügen haben bekanntermaßen kurze Beine und mit kurzen Beinen kommt man nicht recht weit. Und mit den Arbeitslosenlügen kam man genau bis zu dem Beben in den deutschen Sozialkassen, das sich heute still und heimlich im Schatten eines anderen Bebens an der Öffentlichkeit vorbeischleichen wollte:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,671903,00.html
Beitragssenkung, Kurzarbeit und Entlassungen haben auch die Sozialkassen viel Geld gekostet. Allein für die ersten neun Monate des Jahres 2009 häuften sich Verluste von fast 17 Milliarden Euro an.
Wie kann das denn sein? 17000 Millionen allein in den ersten neun Monaten - und zwar des Jahres 2009, wo der deutsche Arbeitsmarkt der Krise ja unglaublich getrotzt hat? Es gab doch angeblich nur ein kleines bischen Kurzarbeit, viel Hoffnungsschimmer und gute Aussichten und kaum Entlassungen? Da suche ich auch keine Belege mehr für, das wird doch seit Monaten fast wöchentlich irgendwo hinausposaunt. Oder habe ich jetzt Wahrnehmungsstörungen?
Wie dem auch sei: Krise ist angesagt in den Sozialkassen.
Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte, summierte sich das Finanzierungsdefizit in den ersten drei Quartalen 2009 auf 16,6 Milliarden Euro. Es lag damit noch einmal 11,6 Milliarden Euro über dem des Vorjahreszeitraums.
Das ist über den Daumen gepeilt ein Anstieg des Defizits von 200 Prozent, oder?
Keine Kleinigkeit will ich meinen. Und dabei hatte die Krankenversicherung endlich mal nicht so schlecht abgeschnitten. Aber die nicht vorhandenen Arbeitslosen, die wurden teuer:
Der kräftige Anstieg der Ausgaben war dagegen eine Folge unter anderem der erheblichen Ausweitung der Kurzarbeit. Aber auch die Aufwendungen für das Arbeitslosengeld lagen um 19,9 Prozent höher als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.
War also nicht alles durch Kurzarbeit aufgefangen, offenbar ... wurden doch etliche Menschen entlassen. Es gibt aber auch noch eine andere Entwicklung, die den Sozialkassen die Kasse leert:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,671982,00.html
Schlecker ist nicht das einzige Unternehmen, das seine Gewinne mit billigen Leiharbeitern steigern will. Nach Erkenntnissen von Arbeitsmarktforschern versuchen viele Firmen auf die gleiche Weise, Tarifstandards zu unterlaufen. Selbst Kirchen und Wohlfahrtsverbände schrecken davor nicht zurück.
Eine einzige durchgehend asoziale Entwicklung, sozusagen ein Beben mit Millionen Opfern in der sozialen Landschaft in Deutschland ... und jeder macht mit. Auch die "Du-sollst-Deinen-Nächsten-Lieben-wie-Dich-selbst"-Fraktion.
Rundum ein Generalangriff auf die Sozialkassen durch jene, deren Auftrag es ist, Geld zu erwirtschaften und nicht den Staat auszuplündern. Mehr und mehr entwickelt sich "die Wirtschaft" zu "den Sozialräubern",
begleitet vom Chor neidgesteuerter Sozialfaschisten die mit aller medialen Gewalt versuchen, aus den Opfern auch noch Täter zu machen.
Wie lange können wir uns diese asozialen Schmaroter eigentlich noch erlauben, deren größte Qualität darin besteht, immer mehr Anwälte und Steuerberater zu beschäftigen, die unserem Staat den letzten Cent aus der Schatulle zaubern?
Auf Haiti käme niemand auf die Idee, die Erdbebenopfer zu Tätern zu machen....obwohl ... die tanzen ja gerne. Und wenn von denen viele auf einmal ... ach nee, lassen wir das. Sonst macht die "Bild" morgen noch eine Theorie daraus...."Voodoozauber von Baldasylanten zum Mitleidsfischen eingesetzt!"
Aber die Opfer der asozialen Murkswirtschaft ... die haben selbstverständlich alles selbst verschuldet.
Gut, ganz so klappt der Vergleich nicht. Das Erdbeben in Haiti ... konnte man nicht voraussehen. Die Vernichtung unseres Sozialstaates wird seit Jahren betrieben und das wird sich auch nicht ändern. Alle Wirtschaftskräfte bündeln sich darauf, den Staat zahlungsunfähig zu machen um selber schnell noch was abzugreifen. Das sahen viele schon früh voraus, aber aufhalten läßt es sich wohl sowenig wie ein Erdbeben.
Wer in diesem Lande groß wird ... hat das schnell begriffen:
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,671590,00.html
Bildung, Jobs, Sicherheit: Objektiv betrachtet geht es Kindern in den meisten Industrieländern gut - doch ihre eigene Wahrnehmung ist eine andere. Eine neue Unicef-Studie zeigt: Nirgendwo beurteilen Jugendliche ihre Zukunft so pessimistisch wie in Deutschland.
Es scheint, das nach der Generation Doof nicht die Generation Ganz Doof heranwächst. Irgendwie ... werden diese neuen jungen Leute gebildeter und merken wie der Hase läuft. Sehr zum Ärger der Generation Doof, die auf das Nichtmerken sehr angewiesen ist.