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Afghanistan-Krieg: Merkel droht mit neuem 9/11 |
Den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan hält Bundeskanzlerin Angela Merkel trotz der schweren Verluste für alternativlos. Forderungen nach einem sofortigen Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan bezeichnete sie als „unverantwortlich“. „Es wäre (...) ein Trugschluss zu glauben, Deutschland wäre nicht im Visier des internationalen Terrorismus“, sagte sie heute in ihrer Regierungserklärung im Bundestag. Die Folgen eines Abzugs wären „weit verheerender als die Folgen der Anschläge vom 11. September 2001“. Afghanistan würde „in Chaos und Anarchie versinken“.
„Unabsehbar“ wären nach Merkels Einschätzung die Folgen eines Abzugs auch für die internationale Gemeinschaft und die Sicherheit Deutschlands. So würde die Gefahr erheblich steigen, dass Nuklearmaterial in die Hände extremistischer Gruppen gelange. Ein Abzug wäre eine „Ermutigung für alle Extremisten, die weit über Afghanistan und seine Nachbarn hinausgehe“. Merkel wiederholte die Aussage des früheren Verteidigungsministers Peter Struck, dass die Sicherheit in Deutschland auch am Hindukusch verteidigt werde.
Wer also den Abzug fordert, ermutigt Merkel zufolge Extremisten dazu, verheerende Anschläge zu begehen. Nach dieser Logik könnten schon bald Abzugs-Forderungen als (moralische) Unterstützung des internationalen Terrorismus kriminalisiert werden.
Wie allerdings LINKE-Chef Lafontaine in der Vergangenheit mehrfach betonte, ist Deutschland erst durch die Beteiligung an dem bereits vor dem 11.September 2001 geplanten Afghanistan-Krieg ins „Visier des internationalen Terrorismus“ gerückt.
Erst im Herbst letzten Jahres hatten US-Geheimdienstberichte festgestellt, dass es sich bei den Aufständischen in Afghanistan in erster Linie nicht um religiös motivierte Taliban oder Al-Qaeda-Kämpfer handele, sondern im Wesentlichen um Stammeskrieger. Nur zehn Prozent der feindlichen Kräfte werden den Taliban zugerechnet.(1) Was Al-Qaeda angeht, geht man laut einem Bericht der New York Times vom 7.Oktober 2009 sogar von nur unter hundert Kämpfern aus.(2) Es handelt sich also in erster Linie um einen Krieg gegen einen nationalen Aufstand und nicht um einen Krieg gegen den internationalen Terrorismus.
Doch Zweifel an der Gültigkeit des Afghanistan-Mandats, wie sie von SPD-Chef Sigmar Gabriel geäußert worden sind, wies die Kanzlerin zurück. „Dieses Mandat ist über jeden vernünftigen völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Zweifel erhaben“, sagte sie.
Zuvor hatte Merkel den Angehörigen, Freunden und Kameraden der sieben getöteten Bundeswehrsoldaten ihr Mitgefühl ausgesprochen. Die Soldaten seien gestorben, weil sie Afghanistan zu einem Land ohne Terror und Angst machen wollten. „Alle Soldaten, die in Afghanistan Dienst tun, verdienen unsere Solidarität und unser Mitgefühl.“
Wenig Mitgefühl für die westlichen Besatzungssoldaten werden die Mitglieder einer afghanischen Familie haben, die Mitte März Rache geschworen und Selbstmordattentate angekündigt hatte, nachdem am 12.Februar bei einer „Durchsuchung“ mehrere Familienmitglieder, darunter zwei schwangere Frauen, von US-Soldaten ermordet wurden. (3) Im Februar wurde auch bekannt, dass bereits am 27.Dezember ein US-Todesschwadron in Ghazi Khan bei einer „Durchsuchung“ zehn schlafende Minderjährige hingerichtet hatte. (4)
Angesichts der Tatsache, dass Terror und Angst in erster Linie von den US-Besatzungstruppen ausgehen, erscheint Merkels Aussage wie Hohn – insbesondere gegenüber den Angehörigen der in Afghanistan gefallenen Soldaten.
(1)http://www.boston.com/news/world/middleeast/articles/2009/10/09/most_insurgents_in_afghanistan_not_religiously_motivated_military_reports_say/?page=full
(2)http://www.nytimes.com/2009/10/08/world/asia/08prexy.html?_r=2
(3)http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/afghanistan/article7061709.ece
(4)http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/afghanistan/article7040216.ece
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