Und so stehen unsere Politker und Prediger heute da, wie damals jene, die Jesus als übertünchte Gräber bezeichnete, und pochen an ihre Sargdeckel aus dem Christentum, das sie zu Schanden gemacht haben. Aber, keine Sorge, Jesus wusste auch das, er meinte damals schon, dass er unerwünscht sein wird. Genauso ist es ja auch gekommen, denn sein Name wird auch nur missbraucht.
Das ist die eine Seite der Betrachtungsmöglichkeiten. Es gibt noch viele andere:
Interview mit Olivier Roy
"Völlige Rechtsgleichheit für alle Religionen"
Der französische Politologe Olivier Roy zählt zu den renommiertesten Islamexperten in Europa. Sein neues Buch,
http://de.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-469/_nr-1192/i.html
http://tammox.blogspot.com/2010/04/cdu-unplugged.html
Dienstag, 27. April 2010
CDU unplugged
Wer mein gestriges Posting gelesen hat, wird festgestellt haben, daß ich über Aygül Özkan, die heute freundlich und devot mit Gottesformel eingeschworen wurde, extrem verärgert war.
Wie kann man nur so rückgratlos sein, sich zur Imagepolitur eines abgehalfterten CDU-Ministerpräsidenten mißbrauchen zu lassen und schön devot runterschlucken, was man eigentlich denkt?
Anders als ich gestern suggerierte, hatte die inzwischen ernannte Sozialministerin nicht etwa verschämt auf Nachfrage das Abhängen der Lattenhansel aus Klassenräumen befürwortet, sondern das Thema selbst aufgeworfen.
Anschließend versuchte man die Passagen streichen zu lassen, wie die Welt berichtet.
…..Jedenfalls autorisiert am Freitag um 15.27 Uhr ein Sprecher des niedersächsischen Sozialministeriums das Interview im Namen von Aygül Özkan bei "Focus". Aber am gleichen Abend ruft der Sprecher noch einmal bei dem Magazin an und drängt darauf, die Kruzifix-Passage aus dem Interview zu streichen. Der "Focus" verweigert die nachträgliche Veränderung eines autorisierten Gesprächs. Als kleines Zugeständnis wird eine weitere Frage eingefügt, sodass es so aussieht, als habe nicht Özkan selbst das Kruzifix-Thema angesprochen, sondern nur auf die Frage des Redakteurs geantwortet. Dass Özkan im gleichen Gespräch auch noch den CDU-Begriff "privilegierte Partnerschaft" für die Türkei verwirft, geht schon fast unter. Was immer sie gefragt wird in diesen Tagen, die selbstbewusste kleine Frau, weicht kaum einem Thema aus…..
(Danke an SKYDADDY für diesen Link)
In der Bigotten-Republik Deutschland führt man mal wieder eine Diskussion, die hart an der Sache vorbei geht.
Das ist ähnlich wie mit nominalen und realen Steuersätzen.
Da beklagen Arbeitgeber-Lobbyorganisationen wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die FDP oder der BDI mit Milliardenaufwand die im internationalen Vergleich viel zu hohen (nominalen) Steuern, während die realen Steuern oftmals bei Null Prozent liegen, da es so viele Rechentricks und Ausnahmen gibt, daß viele Toppverdiener überhaupt keine Steuern zahlen.
(Vergl. „Schön reich - Steuern zahlen die anderen! Wie eine ungerechte Politik den Vermögenden das Leben versüßt" von Prof Kim Otto und Sascha Adamek)
Nach diesem Prinzip funktioniert auch das Christentum in Deutschland.
Nominal sind Staat und Kirche getrennt.
1995 erklärte das Bundesverfassungsgericht die bayerische Volksschulordnung, die Kruzifixe oder Kreuze in Klassenzimmern vorschrieb, für nichtig.
Real sind allerdings Kirchen und Staat auf allen Ebenen völlig verquickt.
Der Staat funktioniert für die Kirche als Inkassounternehmen und treibt ihre Mitgliedsbeiträge ein.
Darüber hinaus bezahlt er das gesamte Spitzenpersonal und schießt weitere finanzielle Hilfen im zehnstelligen Euro-Bereich zu.
Politiker schwören mit Gottesformel, halten staatliche Feiern in Kirchen ab und lassen die Vertreter des organisierten Kirchismus in Rundfunkgremien mitentscheiden.
Es ist keineswegs erwünscht darüber zu sprechen.
Selbst die zuständigen Kirchgenbeauftragten der Landtage können (oder wollen?) nicht darüber Auskunft erteilen, wie viele Millionen sie eigentlich genau aufgrund dubioser Jahrhunderte alter Extraverträge den Kirchen aus Steuermitteln zuschieben.
Wir befinden uns im permanenten Verfassungsbruch.
Im GG Art 140 heißt es unter anderem:
Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.
Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis.
Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden. (136)
Es besteht keine Staatskirche. (137)
Der Widerspruch zu den biblischen zehn Geboten ist eklatant.
Schon im Ersten wird klar, daß der Christengott keineswegs Religionsfreiheit akzeptiert, sondern eine Zwangsreligion und sogar Sippenhaft einfordert:
Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus.
Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde.
Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation; bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld.
Exodus 20, 2-6
Es hat schon eine gewisse Komik, daß die erste deutsche Ministerin mit Migrantenhintergrund korrekt auf das deutsche Grundgesetz verwies und dann von der Masse der CDU-Nomenklatura einen Maulkorb bekam.
An geltendes Recht dürfe man nun wirklich nicht erinnern und haben sich stattdessen öffentlich nur rechtswidrig zu äußern.
Gestern fand ich es jämmerlich, daß Frau Özkan sofort klein beigab und sich den Mund verbieten ließ.
Heute schwor sie CDU-konform:
Sie weiß, dass alle nur auf diesen Satz warten, auf diesen einen Halbsatz, der so viel bedeutet in einer Partei, die sich christlich nennt. Wird sie ihn sagen, die frisch gewählte CDU-Ministerin für Soziales und Integration in Niedersachsen? Die Deutsch-Türkin? Die Muslimin? Aygül Özkan sagt ihn, ohne zu stocken: „So wahr mir Gott helfe.“ Beifall in den Reihen von CDU und FDP, es rumpelt und kracht, mit der flachen Hand schlagen die Abgeordneten der regierenden Koalition auf ihre kleinen Tische.
(Focus)
Verbogen und mit Maulkorb versehen wurde Özkan heute Ministerin.
So gedemütigt hat schon lange keine Politikerin mehr ihr Amt angetreten. (Welt)
Schön gucken, nichts sagen. (SZ)
Die notorisch unauffällige Özkan wußte sich schon in Hamburg durchzuwurschteln und jeden Anschein von Rückgrat zu vermeiden.
Offensichtlich ist sie also richtig in der Merkel-CDU.
Sie selbst empfindet sich als Seiteneinsteigerin. Und als solche ist sie ja auch gefördert worden, zunächst von der Hamburger CDU, wo sie schnell ein Mandat und den Posten der Vorsitzenden im Wirtschaftsausschuss der Bürgerschaft erhielt. Dort fiel sie dann allerdings nicht besonders auf. In zwei Jahren hielt sie fünf blasse Reden. Bei einer etwas weniger unwichtigen zur Industriepolitik in Hamburg notiert das Protokoll gähnendes Desinteresse des Plenums: "Mir ist nicht ganz erklärlich", maßregelte der Bürgerschaftspräsident das Plenum, noch während Özkan sprach, "wie so wenige Abgeordnete so viele Nebengeräusche verursachen können."
(Welt)
Die causa Özkan hat aber dennoch einen positiven Aspekt.
Schonungslos wir offengelegt, daß all der bunte Lack auf der CDU-Oberfläche nichts wert ist.
Im Inneren ist es immer noch die muffige, denkfaule Partei aus der Mitte des letzten Jahrhunderts. Daß da eine Quotentürkin plötzlich ihre eigene Meinung vertritt, darf nicht sein!
Die massive Kritik an Özkan offenbart vor allem eines: Gewandelt hat sich die CDU nur vordergründig. Kanzlerin Angela Merkel hat der Partei in den Jahren ihrer Regentschaft einen modernen Anstrich verpasst. Mehr nicht. Hinter der Fassade mufft es noch wie in den sechziger Jahren. Da bekamen Gastarbeiter ein Geschenk, wenn sie nach Deutschland kamen. Sie waren schließlich Gäste, keine Bürger. Und ihnen wurde das Gefühl eingeimpft, dankbar sein zu müssen, überhaupt in Deutschland leben zu dürfen. Eine Partei der Integration ist die CDU nur für die Schaufenster. Andere Parteien mögen noch keine hohen Staatsämter mit Migranten besetzt haben. Inhaltlich weiter als die CDU sind sie allemal. Der Dank gilt Aygül Özkan. Dafür, dass sie geholfen hat, dies so wunderbar offenzulegen.
(Thorsten Denkler)
Das Geschwätz vom Christlichen Abendland, auf dem unsere Verfassung ruhe, ist heute trefflich als Leerformel entlarvt worden.
Warum das Abendland ausschließlich christlich oder auch jüdisch-christlich sein soll, wissen die Kritiker der Ministerin allerdings nicht schlüssig zu erklären. Mit historischen Fakten oder der Mehrheitsmeinung in der Geschichtswissenschaft lässt sich eine solche Sicht jedenfalls so schwer in Einklang bringen wie Guido Westerwelles Thesen über spätrömische Dekadenz.
Bislang herrschte doch eigentlich Einigkeit darüber, dass die Wurzeln des europäischen Denkens im antiken Griechenland zu suchen sind. Was wir heute als okzidentalen Rationalismus bezeichnen, verbreitete sich dann mit Hilfe römischen Machtbewusstseins über die gesamte mediterrane Welt. Politische Selbstverwaltung, Debattenkultur, Toleranz gegenüber dem Andersartigen: das alles war längst da, als eine intolerante Sekte die Grundlagen der antiken Welt zu erschüttern begann.
(taz)
Die demokratischen Prinzipien und fast alle Menschenrechte mußten erst durch einen mühsamen Emanzipationsprozess GEGEN den massiven Widerstand der christlichen Kirchen erkämpft werden.
Die CDU gibt sich hier ahistorisch, grundgesetzblind und ewig-gestrig-muffig.
Das machte Frau Özkan überdeutlich.
Diese Analyse wir auch von bei Spon geteilt:
Droht Ungemach, tritt die CDU-Chefin lieber schnell auf die Bremse. Statt die erste muslimische Ministerin in Deutschland zumindest gegen die absurd scharfen Töne aus den eigenen Reihen in Schutz zu nehmen, distanziert sie sich kühl. So nimmt sie in Kauf, dass die Berufung, die als Symbol für die Integrationskraft der CDU gedacht war, nahezu ins Gegenteil verkehrt wird: Zum Beleg, dass die Partei noch nicht reif ist für diesen Schritt. Der vermeintliche Modernisierungskurs verkommt zur Schaufensterpolitik.
Philipp Wittrock listet in seinem Kommentar Triumph der Kreuzritter weitere Indizien dafür auf, daß Merkel ob der aufbrausenden Rechten in ihrer Partei die Hosen gestrichen voll hat und sich gerne gen Vorgestern bewegt.
Indizien sind der antimodernistische Atomkurs, das eiskalte „NJET“ beim Treffen mit Obama bezüglich der Guantanamo-Häftlinge - vor der NRW-Wahl wird Deutschland sich verweigern.
Beim Missbrauchsskandal vermied Merkel jedes kritische Wort gegen Papst und Bischöfe, bescheinigte ihnen gar eine vorbildliche Aufklärungsarbeit und dieser Tage setzt sie auf die nationalistische Karte bei der Griechenlandhilfe - auch wenn sie im Alleingang die Börsen runterzieht und der europäischen Ökonomie schweren Schaden zufügt.
Im Vergleich zu Merkel 2010 war Kohl ein sehr moderner entscheidungsfreudiger Typ.
Dank Frau Özkan wird das nur noch deutlicher.
Wie kann man nur so rückgratlos sein, sich zur Imagepolitur eines abgehalfterten CDU-Ministerpräsidenten mißbrauchen zu lassen und schön devot runterschlucken, was man eigentlich denkt?
Anders als ich gestern suggerierte, hatte die inzwischen ernannte Sozialministerin nicht etwa verschämt auf Nachfrage das Abhängen der Lattenhansel aus Klassenräumen befürwortet, sondern das Thema selbst aufgeworfen.
Anschließend versuchte man die Passagen streichen zu lassen, wie die Welt berichtet.
…..Jedenfalls autorisiert am Freitag um 15.27 Uhr ein Sprecher des niedersächsischen Sozialministeriums das Interview im Namen von Aygül Özkan bei "Focus". Aber am gleichen Abend ruft der Sprecher noch einmal bei dem Magazin an und drängt darauf, die Kruzifix-Passage aus dem Interview zu streichen. Der "Focus" verweigert die nachträgliche Veränderung eines autorisierten Gesprächs. Als kleines Zugeständnis wird eine weitere Frage eingefügt, sodass es so aussieht, als habe nicht Özkan selbst das Kruzifix-Thema angesprochen, sondern nur auf die Frage des Redakteurs geantwortet. Dass Özkan im gleichen Gespräch auch noch den CDU-Begriff "privilegierte Partnerschaft" für die Türkei verwirft, geht schon fast unter. Was immer sie gefragt wird in diesen Tagen, die selbstbewusste kleine Frau, weicht kaum einem Thema aus…..
(Danke an SKYDADDY für diesen Link)
In der Bigotten-Republik Deutschland führt man mal wieder eine Diskussion, die hart an der Sache vorbei geht.
Das ist ähnlich wie mit nominalen und realen Steuersätzen.
Da beklagen Arbeitgeber-Lobbyorganisationen wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die FDP oder der BDI mit Milliardenaufwand die im internationalen Vergleich viel zu hohen (nominalen) Steuern, während die realen Steuern oftmals bei Null Prozent liegen, da es so viele Rechentricks und Ausnahmen gibt, daß viele Toppverdiener überhaupt keine Steuern zahlen.
(Vergl. „Schön reich - Steuern zahlen die anderen! Wie eine ungerechte Politik den Vermögenden das Leben versüßt" von Prof Kim Otto und Sascha Adamek)
Nach diesem Prinzip funktioniert auch das Christentum in Deutschland.
Nominal sind Staat und Kirche getrennt.
1995 erklärte das Bundesverfassungsgericht die bayerische Volksschulordnung, die Kruzifixe oder Kreuze in Klassenzimmern vorschrieb, für nichtig.
Real sind allerdings Kirchen und Staat auf allen Ebenen völlig verquickt.
Der Staat funktioniert für die Kirche als Inkassounternehmen und treibt ihre Mitgliedsbeiträge ein.
Darüber hinaus bezahlt er das gesamte Spitzenpersonal und schießt weitere finanzielle Hilfen im zehnstelligen Euro-Bereich zu.
Politiker schwören mit Gottesformel, halten staatliche Feiern in Kirchen ab und lassen die Vertreter des organisierten Kirchismus in Rundfunkgremien mitentscheiden.
Es ist keineswegs erwünscht darüber zu sprechen.
Selbst die zuständigen Kirchgenbeauftragten der Landtage können (oder wollen?) nicht darüber Auskunft erteilen, wie viele Millionen sie eigentlich genau aufgrund dubioser Jahrhunderte alter Extraverträge den Kirchen aus Steuermitteln zuschieben.
Wir befinden uns im permanenten Verfassungsbruch.
Im GG Art 140 heißt es unter anderem:
Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.
Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis.
Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden. (136)
Es besteht keine Staatskirche. (137)
Der Widerspruch zu den biblischen zehn Geboten ist eklatant.
Schon im Ersten wird klar, daß der Christengott keineswegs Religionsfreiheit akzeptiert, sondern eine Zwangsreligion und sogar Sippenhaft einfordert:
Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus.
Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde.
Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation; bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld.
Exodus 20, 2-6
Es hat schon eine gewisse Komik, daß die erste deutsche Ministerin mit Migrantenhintergrund korrekt auf das deutsche Grundgesetz verwies und dann von der Masse der CDU-Nomenklatura einen Maulkorb bekam.
An geltendes Recht dürfe man nun wirklich nicht erinnern und haben sich stattdessen öffentlich nur rechtswidrig zu äußern.
Gestern fand ich es jämmerlich, daß Frau Özkan sofort klein beigab und sich den Mund verbieten ließ.
Heute schwor sie CDU-konform:
Sie weiß, dass alle nur auf diesen Satz warten, auf diesen einen Halbsatz, der so viel bedeutet in einer Partei, die sich christlich nennt. Wird sie ihn sagen, die frisch gewählte CDU-Ministerin für Soziales und Integration in Niedersachsen? Die Deutsch-Türkin? Die Muslimin? Aygül Özkan sagt ihn, ohne zu stocken: „So wahr mir Gott helfe.“ Beifall in den Reihen von CDU und FDP, es rumpelt und kracht, mit der flachen Hand schlagen die Abgeordneten der regierenden Koalition auf ihre kleinen Tische.
(Focus)
Verbogen und mit Maulkorb versehen wurde Özkan heute Ministerin.
So gedemütigt hat schon lange keine Politikerin mehr ihr Amt angetreten. (Welt)
Schön gucken, nichts sagen. (SZ)
Die notorisch unauffällige Özkan wußte sich schon in Hamburg durchzuwurschteln und jeden Anschein von Rückgrat zu vermeiden.
Offensichtlich ist sie also richtig in der Merkel-CDU.
Sie selbst empfindet sich als Seiteneinsteigerin. Und als solche ist sie ja auch gefördert worden, zunächst von der Hamburger CDU, wo sie schnell ein Mandat und den Posten der Vorsitzenden im Wirtschaftsausschuss der Bürgerschaft erhielt. Dort fiel sie dann allerdings nicht besonders auf. In zwei Jahren hielt sie fünf blasse Reden. Bei einer etwas weniger unwichtigen zur Industriepolitik in Hamburg notiert das Protokoll gähnendes Desinteresse des Plenums: "Mir ist nicht ganz erklärlich", maßregelte der Bürgerschaftspräsident das Plenum, noch während Özkan sprach, "wie so wenige Abgeordnete so viele Nebengeräusche verursachen können."
(Welt)
Die causa Özkan hat aber dennoch einen positiven Aspekt.
Schonungslos wir offengelegt, daß all der bunte Lack auf der CDU-Oberfläche nichts wert ist.
Im Inneren ist es immer noch die muffige, denkfaule Partei aus der Mitte des letzten Jahrhunderts. Daß da eine Quotentürkin plötzlich ihre eigene Meinung vertritt, darf nicht sein!
Die massive Kritik an Özkan offenbart vor allem eines: Gewandelt hat sich die CDU nur vordergründig. Kanzlerin Angela Merkel hat der Partei in den Jahren ihrer Regentschaft einen modernen Anstrich verpasst. Mehr nicht. Hinter der Fassade mufft es noch wie in den sechziger Jahren. Da bekamen Gastarbeiter ein Geschenk, wenn sie nach Deutschland kamen. Sie waren schließlich Gäste, keine Bürger. Und ihnen wurde das Gefühl eingeimpft, dankbar sein zu müssen, überhaupt in Deutschland leben zu dürfen. Eine Partei der Integration ist die CDU nur für die Schaufenster. Andere Parteien mögen noch keine hohen Staatsämter mit Migranten besetzt haben. Inhaltlich weiter als die CDU sind sie allemal. Der Dank gilt Aygül Özkan. Dafür, dass sie geholfen hat, dies so wunderbar offenzulegen.
(Thorsten Denkler)
Das Geschwätz vom Christlichen Abendland, auf dem unsere Verfassung ruhe, ist heute trefflich als Leerformel entlarvt worden.
Warum das Abendland ausschließlich christlich oder auch jüdisch-christlich sein soll, wissen die Kritiker der Ministerin allerdings nicht schlüssig zu erklären. Mit historischen Fakten oder der Mehrheitsmeinung in der Geschichtswissenschaft lässt sich eine solche Sicht jedenfalls so schwer in Einklang bringen wie Guido Westerwelles Thesen über spätrömische Dekadenz.
Bislang herrschte doch eigentlich Einigkeit darüber, dass die Wurzeln des europäischen Denkens im antiken Griechenland zu suchen sind. Was wir heute als okzidentalen Rationalismus bezeichnen, verbreitete sich dann mit Hilfe römischen Machtbewusstseins über die gesamte mediterrane Welt. Politische Selbstverwaltung, Debattenkultur, Toleranz gegenüber dem Andersartigen: das alles war längst da, als eine intolerante Sekte die Grundlagen der antiken Welt zu erschüttern begann.
(taz)
Die demokratischen Prinzipien und fast alle Menschenrechte mußten erst durch einen mühsamen Emanzipationsprozess GEGEN den massiven Widerstand der christlichen Kirchen erkämpft werden.
Die CDU gibt sich hier ahistorisch, grundgesetzblind und ewig-gestrig-muffig.
Das machte Frau Özkan überdeutlich.
Diese Analyse wir auch von bei Spon geteilt:
Droht Ungemach, tritt die CDU-Chefin lieber schnell auf die Bremse. Statt die erste muslimische Ministerin in Deutschland zumindest gegen die absurd scharfen Töne aus den eigenen Reihen in Schutz zu nehmen, distanziert sie sich kühl. So nimmt sie in Kauf, dass die Berufung, die als Symbol für die Integrationskraft der CDU gedacht war, nahezu ins Gegenteil verkehrt wird: Zum Beleg, dass die Partei noch nicht reif ist für diesen Schritt. Der vermeintliche Modernisierungskurs verkommt zur Schaufensterpolitik.
Philipp Wittrock listet in seinem Kommentar Triumph der Kreuzritter weitere Indizien dafür auf, daß Merkel ob der aufbrausenden Rechten in ihrer Partei die Hosen gestrichen voll hat und sich gerne gen Vorgestern bewegt.
Indizien sind der antimodernistische Atomkurs, das eiskalte „NJET“ beim Treffen mit Obama bezüglich der Guantanamo-Häftlinge - vor der NRW-Wahl wird Deutschland sich verweigern.
Beim Missbrauchsskandal vermied Merkel jedes kritische Wort gegen Papst und Bischöfe, bescheinigte ihnen gar eine vorbildliche Aufklärungsarbeit und dieser Tage setzt sie auf die nationalistische Karte bei der Griechenlandhilfe - auch wenn sie im Alleingang die Börsen runterzieht und der europäischen Ökonomie schweren Schaden zufügt.
Im Vergleich zu Merkel 2010 war Kohl ein sehr moderner entscheidungsfreudiger Typ.
Dank Frau Özkan wird das nur noch deutlicher.
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