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Jeden Tag ein bisschen mehr zu den Waffen
Freitag, 23. April 2010
Jeder Soldatenleichnam: ein Stückchen Rückzug mehr, ein bisschen mehr geordneten Ausweichmanövers; jede Leiche pflastert die schmale Rückzugsstraße, macht eine Heimkehr aus diesem völkerrechtswidrigen, betrügerischen Krieg greifbar; jeder dieser Soldatentode hatte damit zuletzt doch noch einen Sinn - würde man meinen: doch genau so ist es nicht! Nichts ist fahrlässiger als die Hoffnung; nichts ist leichtfertiger als dem Glauben nachzuhängen, Kriegsherren würden menschliche Verluste imponieren.
Was droht, läßt sich schon heute ermessen und erahnen, läßt sich jetzt schon oftmals im Alltag beobachten. Eine durchweg nationalisierte Medienlandschaft transportiert kriegsromantische Botschaften. Sie sind für uns gefallen!, hallt es aus dem Äther. Wir verneigen uns vor ihrem Heldenmut!, animieren sie ihre Leser und Zuhörer und Zuschauer. Der Held hat Konjunktur - der Held, der hinterhältig gemeuchelt wird, während ein Schuss aus seiner Büchse zum lobenswerten Einsatz für Heimat und Vaterland geadelt wird. Militärs rücken ins Blickfeld, Uniformierte belagern die öffentlichen Debatten - PR-Uniformierte, die gelernt haben, politisch korrekt und vernünftig vor Kameras zu treten, während sie dieselbe Branche beackern, wie allerlei Vorgänger aus anderen Zeiten.
Soldatenbegräbnisse werden übertragen, damit dem deutschen Medienkonsumenten klar wird, dass da Männer für ihn getötet worden sind. Dankbarkeit soll entstehen, während kollektiv getrauert wird. Er starb für das Vaterland! Und das Vaterland? - Bist du! Du bist Deutschland, einig Vaterland! Und die anderen, gegen die geschossen, gebombt, terrorisiert wird: eine Bande unkultivierter Zottelbärte. Kämpfen gegen die Besatzungsmacht, dabei haben ausgerechnet die Deutschen einst aller Welt gezeigt, wie man mit Besatzern umgeht: arschkriechend! Warum nur wollen die Afghanen es uns nicht nachmachen? Aus den Gazetten tropft Blut und rostet Eisen, Volksempfängers Fistelstimmen übertragen Betroffenheit - jetzt nicht aufgeben!, sagen sie; jetzt erst recht!, geben sie vor. Wie bei einem Fußballspiel, bei dem man nach Toren zurückgerät, parolieren sie Kampfgeist, Durchhaltevermögen, appellieren sie an die konditionelle Stärke, die den längeren Atem garantiert. Und jeder darf Trainer sein, jeder darf ungestüm an der Seitenlinie herumfuchteln, jeder darf aus der Ferne ins Feld hineinschreien - in jenes Feld, in dem Soldaten zuweilen im beschönigendem Duktus zurückbleiben.
Und dann in naher Zukunft wird die Welt wechselweise nach Afghanistan und nach Südafrika blicken. Überall sind deutsche Jungs im Einsatz, allerorten Deutsche im Kampf, im Gefecht, im Krieg. Jungs, kämpft die Socceroos nieder! Schießt die Serben vom Platz! Jetzt gibts Fußballkrieg! Dann ein Schwenk nach Kabul, Kandahar oder Kunduz. Jungs, kämpft die Zottelbärte in den Sand! Schießt den Turbanen die Flöhe aus dem Bart! Deutsche der Erde, steht euren Mann für das Vaterland! Nichts betört die Kriegsfreude mehr, als der Kampfeinsatz am Ball; nichts wickelt glückstrunkene Massen mehr um den Finger, als der regelmäßig wiederkehrende Nationalismus im Trikot, den sie gesunden und unbefleckten Nationalismus nennen, einen positiven Nationalismus der Freude heißen. Der taumelnden Menge werden sie frohe Kunde aus Afghanistan zwischen die Jubelausbrüche streuen - kaum einer wird es merken und wenn doch, spielt es auch keine Rolle. Denn in Afghanistan vertreten sie nur Deutschland, so wie in Südafrika auch.
Devotionalien für gefallene Kriegshelden, Trauerreden, Begräbnisse - Devotionalien für auffallende Fußballhelden, Autokorso, ehrfürchtig niedergelegte Schals und Wir liebe Dich!-Pappschildchen. Was gäbe der WM-Titel für eine PR ab! Ein Weltmeister mit freiheitlicher Verantwortung in Afghanistan. Ein Traum würde wahr! Während sie heute Festlichkeiten absagen, weil sie ganze Regionen in kollektive Trauer um die Helden des Vaterlands werfen wollen, wo sie Amüsement verbieten wollen, um der Ernsthaftigkeit des Moments Ausdruck zu verleihen, da werden sie im Sommer rauschende Feste feiern - auch wenn zehn, auch wenn zwanzig oder dreißig oder mehr Soldaten sterben. Traurig sei das, wird man verkünden - aber so sei das Leben: der eine lacht, der andere weint. Diese Feste sind erwünscht, werden gefördert, denn sie fördern den Zusammenhalt, den dringend gebrauchten Nationalismus, sind Balsam für die Heimatfront. Man setzt alle Hoffnungen auf viele solcher Feste. Hoffentlich kommt die Auswahl weit, damit die Betäubung lange herhält! Kicker als politische Kommissare! Sie und das politische und wirtschaftliche Establishment als Botschafter im Hinterland, hinter der Front, die den Heldentod eifrig fordern! Für pazifistische Kleinlichkeit wird zukünftig keine Zeit mehr sein.
Kein Leichnam fördert Waffenmüdigkeit, läßt einen Rückzug realistisch werden - ganz konträr, je mehr Tote, desto mehr wird beschworen, gelobt, beeidet, angefacht, desto mehr wird die Richtigkeit des Einsatzes unterstrichen, desto mehr Uniformen durchziehen den Alltag, werden Medaillen verliehen, Heldenepen geschmiedet. Tote fördern Absagen von Festlichkeiten, ringen der Gesellschaft gemeinsame Trauer ab, nötigen Leichenbittermienen auch jenen ab, die mit diesem Krieg nichts am Hut haben - wenn sie schon nicht um die Leiche weinen, so doch um seinen Einsatz für unser aller Freiheit, wird man vorwurfsvoll abverlangen. Wann werden sie uns erklären, dass ein frugaleres Leben notwendig wird? Wann werden sie uns anleiten, weniger Freude zu empfinden, uns bei Essen und Trinken zurückzuhalten, lackierte Fingernägel zu unterlassen, weil unsere Soldaten das als Affront auffassen müssen, während sie für uns alle im Dreck kriechen? Kein totaler Krieg - aber totale Kriegsgesellschaft schon, denn die japst schon heute immer wieder nach Atemluft und irgendwann japst sie nicht mehr nur, irgendwann atmet sie regelmäßig. Jeden Tag ein wenig mehr zu den Waffen, jeden Tag ein Quäntchen mehr Kriegsromantik und Heldentod, jeden Tag ein Hauch mehr Lyrik vom gefallenen Patrioten.
Und jeden Tag mehr Dolchstößler, Nestbeschmutzer, Vaterlandsfeinde, die die Hingabe deutschen Blutes für die Freiheit der Deutschen, mit heimtückischer und schuftiger Akribie verurteilen, die perfide und verräterisch den Einsatz deutscher Jungs untergraben und die den bedingungslosen Friedenseifer, der in Gewehrläufen auf seinen Gebrauch harrt, nicht aufzubringen tauglich sind. Je mehr Metallsärge mit Heldengesang überführt werden, desto imposanter der Wille zum Krieg, desto lauter das Kriegsgerassel. Soldatentode gebären Soldatentode - was Medien und Macht und Medienmacht anfachen, das ist das dümmste aller deutschen Geschreie, kann nicht im Rückzug enden: es führt in Offensiven.
Was droht, läßt sich schon heute ermessen und erahnen, läßt sich jetzt schon oftmals im Alltag beobachten. Eine durchweg nationalisierte Medienlandschaft transportiert kriegsromantische Botschaften. Sie sind für uns gefallen!, hallt es aus dem Äther. Wir verneigen uns vor ihrem Heldenmut!, animieren sie ihre Leser und Zuhörer und Zuschauer. Der Held hat Konjunktur - der Held, der hinterhältig gemeuchelt wird, während ein Schuss aus seiner Büchse zum lobenswerten Einsatz für Heimat und Vaterland geadelt wird. Militärs rücken ins Blickfeld, Uniformierte belagern die öffentlichen Debatten - PR-Uniformierte, die gelernt haben, politisch korrekt und vernünftig vor Kameras zu treten, während sie dieselbe Branche beackern, wie allerlei Vorgänger aus anderen Zeiten.
Soldatenbegräbnisse werden übertragen, damit dem deutschen Medienkonsumenten klar wird, dass da Männer für ihn getötet worden sind. Dankbarkeit soll entstehen, während kollektiv getrauert wird. Er starb für das Vaterland! Und das Vaterland? - Bist du! Du bist Deutschland, einig Vaterland! Und die anderen, gegen die geschossen, gebombt, terrorisiert wird: eine Bande unkultivierter Zottelbärte. Kämpfen gegen die Besatzungsmacht, dabei haben ausgerechnet die Deutschen einst aller Welt gezeigt, wie man mit Besatzern umgeht: arschkriechend! Warum nur wollen die Afghanen es uns nicht nachmachen? Aus den Gazetten tropft Blut und rostet Eisen, Volksempfängers Fistelstimmen übertragen Betroffenheit - jetzt nicht aufgeben!, sagen sie; jetzt erst recht!, geben sie vor. Wie bei einem Fußballspiel, bei dem man nach Toren zurückgerät, parolieren sie Kampfgeist, Durchhaltevermögen, appellieren sie an die konditionelle Stärke, die den längeren Atem garantiert. Und jeder darf Trainer sein, jeder darf ungestüm an der Seitenlinie herumfuchteln, jeder darf aus der Ferne ins Feld hineinschreien - in jenes Feld, in dem Soldaten zuweilen im beschönigendem Duktus zurückbleiben.
Und dann in naher Zukunft wird die Welt wechselweise nach Afghanistan und nach Südafrika blicken. Überall sind deutsche Jungs im Einsatz, allerorten Deutsche im Kampf, im Gefecht, im Krieg. Jungs, kämpft die Socceroos nieder! Schießt die Serben vom Platz! Jetzt gibts Fußballkrieg! Dann ein Schwenk nach Kabul, Kandahar oder Kunduz. Jungs, kämpft die Zottelbärte in den Sand! Schießt den Turbanen die Flöhe aus dem Bart! Deutsche der Erde, steht euren Mann für das Vaterland! Nichts betört die Kriegsfreude mehr, als der Kampfeinsatz am Ball; nichts wickelt glückstrunkene Massen mehr um den Finger, als der regelmäßig wiederkehrende Nationalismus im Trikot, den sie gesunden und unbefleckten Nationalismus nennen, einen positiven Nationalismus der Freude heißen. Der taumelnden Menge werden sie frohe Kunde aus Afghanistan zwischen die Jubelausbrüche streuen - kaum einer wird es merken und wenn doch, spielt es auch keine Rolle. Denn in Afghanistan vertreten sie nur Deutschland, so wie in Südafrika auch.
Devotionalien für gefallene Kriegshelden, Trauerreden, Begräbnisse - Devotionalien für auffallende Fußballhelden, Autokorso, ehrfürchtig niedergelegte Schals und Wir liebe Dich!-Pappschildchen. Was gäbe der WM-Titel für eine PR ab! Ein Weltmeister mit freiheitlicher Verantwortung in Afghanistan. Ein Traum würde wahr! Während sie heute Festlichkeiten absagen, weil sie ganze Regionen in kollektive Trauer um die Helden des Vaterlands werfen wollen, wo sie Amüsement verbieten wollen, um der Ernsthaftigkeit des Moments Ausdruck zu verleihen, da werden sie im Sommer rauschende Feste feiern - auch wenn zehn, auch wenn zwanzig oder dreißig oder mehr Soldaten sterben. Traurig sei das, wird man verkünden - aber so sei das Leben: der eine lacht, der andere weint. Diese Feste sind erwünscht, werden gefördert, denn sie fördern den Zusammenhalt, den dringend gebrauchten Nationalismus, sind Balsam für die Heimatfront. Man setzt alle Hoffnungen auf viele solcher Feste. Hoffentlich kommt die Auswahl weit, damit die Betäubung lange herhält! Kicker als politische Kommissare! Sie und das politische und wirtschaftliche Establishment als Botschafter im Hinterland, hinter der Front, die den Heldentod eifrig fordern! Für pazifistische Kleinlichkeit wird zukünftig keine Zeit mehr sein.
Kein Leichnam fördert Waffenmüdigkeit, läßt einen Rückzug realistisch werden - ganz konträr, je mehr Tote, desto mehr wird beschworen, gelobt, beeidet, angefacht, desto mehr wird die Richtigkeit des Einsatzes unterstrichen, desto mehr Uniformen durchziehen den Alltag, werden Medaillen verliehen, Heldenepen geschmiedet. Tote fördern Absagen von Festlichkeiten, ringen der Gesellschaft gemeinsame Trauer ab, nötigen Leichenbittermienen auch jenen ab, die mit diesem Krieg nichts am Hut haben - wenn sie schon nicht um die Leiche weinen, so doch um seinen Einsatz für unser aller Freiheit, wird man vorwurfsvoll abverlangen. Wann werden sie uns erklären, dass ein frugaleres Leben notwendig wird? Wann werden sie uns anleiten, weniger Freude zu empfinden, uns bei Essen und Trinken zurückzuhalten, lackierte Fingernägel zu unterlassen, weil unsere Soldaten das als Affront auffassen müssen, während sie für uns alle im Dreck kriechen? Kein totaler Krieg - aber totale Kriegsgesellschaft schon, denn die japst schon heute immer wieder nach Atemluft und irgendwann japst sie nicht mehr nur, irgendwann atmet sie regelmäßig. Jeden Tag ein wenig mehr zu den Waffen, jeden Tag ein Quäntchen mehr Kriegsromantik und Heldentod, jeden Tag ein Hauch mehr Lyrik vom gefallenen Patrioten.
Und jeden Tag mehr Dolchstößler, Nestbeschmutzer, Vaterlandsfeinde, die die Hingabe deutschen Blutes für die Freiheit der Deutschen, mit heimtückischer und schuftiger Akribie verurteilen, die perfide und verräterisch den Einsatz deutscher Jungs untergraben und die den bedingungslosen Friedenseifer, der in Gewehrläufen auf seinen Gebrauch harrt, nicht aufzubringen tauglich sind. Je mehr Metallsärge mit Heldengesang überführt werden, desto imposanter der Wille zum Krieg, desto lauter das Kriegsgerassel. Soldatentode gebären Soldatentode - was Medien und Macht und Medienmacht anfachen, das ist das dümmste aller deutschen Geschreie, kann nicht im Rückzug enden: es führt in Offensiven.
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