Irre! – Wie wir vor dem Essen und Trinken schon betrogen werden
Rote Karten für WM-Produkte
Die Lebensmittelindustrie im WM-Fieber: Die Supermärkte sind voller Produkte in Ballform oder Schwarz-Rot-Gold, andere werden mit Sammelbildchen oder Deutschland-Flagge vermarktet. foodwatch hat 11 WM-Produkte mit der Ampelkennzeichnung versehen. Fazit: Viele gelbe und noch mehr rote Karten. Die meisten Lebensmittel wären im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung gar nicht spielberechtigt. Und bei der Nährwertdeklaration gibt es wenig Fairplay. Kein Wunder: Sportlich beworben werden vor allem Junk-Food und Soft Drinks.
2,7 Milliarden Euro gab die deutsche Ernährungsindustrie im Jahr 2009 für Reklame aus, mehr als jede andere Branche. Der größte Anteil (rund 20 Prozent) des Etats floss in die Werbung für Süßwaren und Knabber-Artikel. Trotz hoher Fett- und Zuckeranteile sollen diese möglichst sportlich daher kommen. Entsprechend voll sind die Supermarktregale derzeit mit Produkten zur Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika: Junk-Food in Ball-Form, Chips mit dem Konterfei von Nationalelf-Kapitän Philipp Lahm, Fruchtgummis in Schwarz-Rot-Gold.
Kooperationen mit dem DFB
Firmen kooperieren mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) oder setzen auf die Vorbildfunktion von Fußball-Stars, die gerade bei Kindern eine hohe Glaubwürdigkeit genießen. Und die geben sich dafür her, statt für ausgewogene Ernährung Werbung für Süßigkeiten und Fast Food zu machen. Wie gehaltvoll die Produkte sind, ist wenig transparent: Die Angaben werden durch Mini-Portionen künstlich kleingerechnet oder in kleinen, unübersichtlichen Tabellen versteckt. Bei der Nährwertinformation herrscht wenig Fairplay.
Viele rote Karten für die WM-Elf
foodwatch hat 11 WM-Produkte mit der Nährwert-Ampel versehen. Kein einziges kommt dabei ohne rote Karte aus – bei sieben Produkten stehen sogar je drei der vier Ampeln auf Rot. Vor allem der Zucker- und Fettgehalt muss bei vielen als hoch bewertet und dementsprechend rot gekennzeichnet werden. Im Durchschnitt kommen die 11 Produkte auf 409 Kalorien pro 100 Gramm bzw. Milliliter. Ein erwachsener Freizeitsportler müsste dafür etwa eine Halbzeit lang Fußball spielen, um allein diese 100 Gramm abzutrainieren (die Details des Ampel-Tests in der Fotostrecke auf der foodwatch-Homepage).
Mit den Signalfarben Rot-Gelb-Grün wird schnell klar: Würden Jogi Löws Nationalspieler die ganzen Produkte, für die sie werben, wirklich ständig als Zwischenmahlzeit verzehren, dann wäre schon in der Vorrunde Schluss. Es gibt bessere Aufstellungen als die von Ferrero, Mars & Co.!
Europaparlament stimmt über die Ampel ab
Besser aufgestellt wären die Verbraucher definitiv mit der Ampelkennzeichnung anstelle von Zahlen-Prozente-Wirrwarr in unübersichtlichen Tabellen. Ob es dazu kommt, bleibt so spannend wie die WM: Am 16. Juni wird das Europäische Parlament über die Einführung der Ampelkennzeichnung abstimmen.
Interessant in diesem Zusammenhang das Interview zur „Light-Kennzeichnung“ auf vielen Produkten im ZDF-Morgenmagazin und die ARD-Dokumentation zum „Klonschnitzel“ (44 Minuten) mit dem Bericht dazu. Außerdem in ZDF Frontal21 vom 11. Mai 2010: „Lobbyisten gegen Verbraucher„.
.Weitere Betrügereien…
… werden auf vielen Seiten der Homepage von foodwatch präsentiert. Hier einige Beispiele, wie einige Waren/Artikel aus dem Sortiment entfernt werden, wenn sich der Verbraucher zur Wehr setzt:
Bauer: Biene Maja
Der Schwindel: Der Kinderjoghurt „Biene Maja“ ist ein ausgewogenes Milchgetränk für Kinder.
Die Wahrheit: „Biene Maja“ enthält 44 Würfelzucker auf einen Liter, Cola im Vergleich dazu nur 28.
⇒ Produkt inzwischen vom Markt genommenNestlé: Maggi Natur Pur Bio Frühlingsgemüsesuppe
Der Schwindel: Maggi Natur Pur Bio, die Tütensuppe, die ganz ohne Geschmacksverstärker auskommt.
Die Wahrheit: Drin ist die geschmacksverstärkende Substanz Hefeextrakt – Glutamat unter anderem Namen.
⇒ Produkt inzwischen vom Markt genommenEckes-Granini: Frucht-Tiger
Der Schwindel: Frucht-Tiger – der gesunde Durstlöscher für Kinder.
Die Wahrheit: Das Gemisch aus Wasser und Saftkonzentrat enthält nicht nur umstrittene Süßstoffe, sondern auch jede Menge zahnschädliche Citronensäure.
⇒ wird nicht mehr als gesund beworben.
Nachtrag:
Gegenmodell zur Ampel-Kennzeichnung kostet Industrie insgesamt eine Milliarde Euro
Siehe dazu den Spiegel-Artikel vom 12. Juni 2010.
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