“Doktor, ich kann sein Gehirn auf meiner Hand spüren”
14 Juni 2010 No Comment
Dr. Arief Rachman war als Menschenrechtsaktivist an Bord des Schiffes Mavi Marmara, das am 31. Mai 2010 von israelischen Kommandoeinheiten angegriffen wurde. Er hatte gerade sein Morgengebet beendet, als er die Schüsse hörte, seine Rettungsweste schnappte und auf Deck rannte. Der Tageszeitung Brunei Times berichtete er, was danach geschah.
„Sobald ich die Tür zum Deck öffnete, kam mir ein starker Windstoß entgegen und mir wurde klar, dass der israelische Hubschrauber über uns war. Dann hörte ich die Explosionen, ‘Dum! Dum! Dum!’ von Schallgranaten und ich erkannte wir kritisch die Situation geworden war. Ich hoch zu Deck fünf. [...]
Wir befanden uns hinter dem Kapitänsdeck und wir sahen die Aktivisten hektisch in unsere Richtung rennen, nur Sekunden bevor sich die israelischen Soldaten auf das Schiff abseilten. Ca. zwei Minuten später wurde das erste Opfer zu mir gebracht. Ein langhaariger, dicker Mann in einem schwarzen T-Shirt hyperventilierte. Wir schnitten seine Rettungsweste ab und suchten nach Verletzungen. Da waren keine. Ich sagte ihm, er solle kräftig atmen und er erholte sich wieder. Er zeigte auf seine Ohren und ich verstand, dass er wahrscheinlich zu nahe an einer der Explosionen gestanden hatte. [...]
Das zweite Opfer wurde zu mir gebracht, mit Blutflecken auf seinen Ärmeln. Nachdem ich ihn untersucht und keine Wunden gefunden hatte, rief ich einige Männer, die ihn in die Passagierkabine bringen sollte. Dann hörte ich Rufe: ‘Bringt ihn her! Bringt ihn her!’
Ich drehte mich herum und sah einen knieenden Mann, der den Kopf des dritten Opfers hielt. […] Ich rief zu dem knieenden Mann, bei dem es sich um mein erstes Opfer handelte, das Opfer zu mir zu bringen. […] Der knieende Mann hörte mich nicht, er bewegte sich nicht. Also schnappte ich mir einige Männer und rannte zu ihm und zog das Opfer zu einem sichereren Ort. Unter dem dunklen Glühen einer Lampe, sah ich meinen dritten Patient, einen bärtigen Mann, sein Gesicht war ausdruckslos.
Ich berührte seinen Hals und fand keinen Puls. Er machte ein leicht schnarchendes Geräusch. Ich stellte dann eine kleine Wunde zwischen seinen beiden Augen fest, nicht größer als die Spitze eines Stiftes. Jemand rief und forderte mich auf ihn zu reanimieren, aber ich sagte ihm, dass das Opfer in den Kopf geschossen wurde und wahrscheinlich Hirnschäden hätte. Eine Herz-Lungen-Reanimation hätte ihm nicht geholfen.
Plötzlich begann der Mann, der immer noch kniete und den Kopf des Opfers in der Hand hatte, wie ein Tier zu heulen. Immer und immer wieder. Und dann flüsterte er mit heiserer Stimme zu mir ‘Doktor, ich kann sein Gehirn auf meiner Hand spüren…’
Die Kugel, die zwischen den Augen des Opfers eingedrungen war, war vermutlich direkt durch seinen Kopf gegangen, hatte sein Gehirn zerstört und hinterließ eine klaffende Wunde an der Rückseite seines Kopfes.
Der Mann wurde aus kurzer Entfernung erschossen.
Ich forderte einige Freiwillige auf, eine Trage zu holen. Dann sah ich Fahmi Bulent Yildirim, den Präsidenten der türkischen humanitären Organisation Insani Yardim Vakfi (IHH), die die Freedom Flotille organisiert hatte, hinter mir. Sein Gesicht war versteinert und er versuchte auf das Kapitainsdeck zu gelangen aber er konnte nicht, aufgrund der vielen Menschen um ihn herum.
Bulent nahm sein weißes Hemd. Jemand band es an einen Holzstock und begann es zu schwenken…
Plötzlich fühlte ich Stille um mich herum. Ich fühlte mich leer. Ich fühlte mich besiegt. Ein Opfer war für mich tot und verloren.
Ich hatte immer gedacht, dass wir siegen würden. Ich dachte, egal was, die Mavi Marmara würde Gaza erreichen. Ich ging zum unteren Deck und sah, wie die Lobby außerhalb der Informationskabine in eine Notaufnahme verwandelt wurde. Ich sah mindestens sechs Opfer, die versorgt wurden. Ich sah Blut überall.
Ich sah eine Frau, die nahe dem Kopf eines Toten saß, aufgelöst in Tränen und Gebeten. Ich erfuhr, dass es sich im eine türkisches Pärchen handelte – der Ehemann wurde vor den Augen der Ehefrau erschossen.
Ich und andere Männer beteten, dass Gott jene, die gestorben waren, als Märtyrer in Empfang nehmen würde. Dann stand ich wieder auf und ging ins Lazarett um noch mehr Verwundete zu versorgen.”
„Sobald ich die Tür zum Deck öffnete, kam mir ein starker Windstoß entgegen und mir wurde klar, dass der israelische Hubschrauber über uns war. Dann hörte ich die Explosionen, ‘Dum! Dum! Dum!’ von Schallgranaten und ich erkannte wir kritisch die Situation geworden war. Ich hoch zu Deck fünf. [...]
Wir befanden uns hinter dem Kapitänsdeck und wir sahen die Aktivisten hektisch in unsere Richtung rennen, nur Sekunden bevor sich die israelischen Soldaten auf das Schiff abseilten. Ca. zwei Minuten später wurde das erste Opfer zu mir gebracht. Ein langhaariger, dicker Mann in einem schwarzen T-Shirt hyperventilierte. Wir schnitten seine Rettungsweste ab und suchten nach Verletzungen. Da waren keine. Ich sagte ihm, er solle kräftig atmen und er erholte sich wieder. Er zeigte auf seine Ohren und ich verstand, dass er wahrscheinlich zu nahe an einer der Explosionen gestanden hatte. [...]
Das zweite Opfer wurde zu mir gebracht, mit Blutflecken auf seinen Ärmeln. Nachdem ich ihn untersucht und keine Wunden gefunden hatte, rief ich einige Männer, die ihn in die Passagierkabine bringen sollte. Dann hörte ich Rufe: ‘Bringt ihn her! Bringt ihn her!’
Ich drehte mich herum und sah einen knieenden Mann, der den Kopf des dritten Opfers hielt. […] Ich rief zu dem knieenden Mann, bei dem es sich um mein erstes Opfer handelte, das Opfer zu mir zu bringen. […] Der knieende Mann hörte mich nicht, er bewegte sich nicht. Also schnappte ich mir einige Männer und rannte zu ihm und zog das Opfer zu einem sichereren Ort. Unter dem dunklen Glühen einer Lampe, sah ich meinen dritten Patient, einen bärtigen Mann, sein Gesicht war ausdruckslos.
Ich berührte seinen Hals und fand keinen Puls. Er machte ein leicht schnarchendes Geräusch. Ich stellte dann eine kleine Wunde zwischen seinen beiden Augen fest, nicht größer als die Spitze eines Stiftes. Jemand rief und forderte mich auf ihn zu reanimieren, aber ich sagte ihm, dass das Opfer in den Kopf geschossen wurde und wahrscheinlich Hirnschäden hätte. Eine Herz-Lungen-Reanimation hätte ihm nicht geholfen.
Plötzlich begann der Mann, der immer noch kniete und den Kopf des Opfers in der Hand hatte, wie ein Tier zu heulen. Immer und immer wieder. Und dann flüsterte er mit heiserer Stimme zu mir ‘Doktor, ich kann sein Gehirn auf meiner Hand spüren…’
Die Kugel, die zwischen den Augen des Opfers eingedrungen war, war vermutlich direkt durch seinen Kopf gegangen, hatte sein Gehirn zerstört und hinterließ eine klaffende Wunde an der Rückseite seines Kopfes.
Der Mann wurde aus kurzer Entfernung erschossen.
Ich forderte einige Freiwillige auf, eine Trage zu holen. Dann sah ich Fahmi Bulent Yildirim, den Präsidenten der türkischen humanitären Organisation Insani Yardim Vakfi (IHH), die die Freedom Flotille organisiert hatte, hinter mir. Sein Gesicht war versteinert und er versuchte auf das Kapitainsdeck zu gelangen aber er konnte nicht, aufgrund der vielen Menschen um ihn herum.
Bulent nahm sein weißes Hemd. Jemand band es an einen Holzstock und begann es zu schwenken…
Plötzlich fühlte ich Stille um mich herum. Ich fühlte mich leer. Ich fühlte mich besiegt. Ein Opfer war für mich tot und verloren.
Ich hatte immer gedacht, dass wir siegen würden. Ich dachte, egal was, die Mavi Marmara würde Gaza erreichen. Ich ging zum unteren Deck und sah, wie die Lobby außerhalb der Informationskabine in eine Notaufnahme verwandelt wurde. Ich sah mindestens sechs Opfer, die versorgt wurden. Ich sah Blut überall.
Ich sah eine Frau, die nahe dem Kopf eines Toten saß, aufgelöst in Tränen und Gebeten. Ich erfuhr, dass es sich im eine türkisches Pärchen handelte – der Ehemann wurde vor den Augen der Ehefrau erschossen.
Ich und andere Männer beteten, dass Gott jene, die gestorben waren, als Märtyrer in Empfang nehmen würde. Dann stand ich wieder auf und ging ins Lazarett um noch mehr Verwundete zu versorgen.”
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