FDP-Krisensitzung am Wochenende: Egomania
von Frank W. HauboldOder: Wie ruiniere ich eine Partei
Vergangen sind für die FDP die glücklichen Tage, an denen in Berlin die Große Koalition das Sagen hatte und die eigene Parteiprominenz sich aus allen strittigen Themen heraushalten konnte. Während Frau Merkel die konservativen Stammwähler der Union durch Papstkritik und rot-grüne Familienpolitik brüskierte und die SPD unter der Nachwirkungen von Schröders Agenda 2010 dahinsiechte, genügten der FDP ein paar griffige Slogans wie „Mehr netto vom brutto“ oder gar „geistig-politische Wende“, um die verunsicherten Wähler in Scharen anzuziehen. Der Lohn für die Zurückhaltung waren 14,6 Prozent der gültigen Wählerstimmen und damit ein absolutes Rekordergebnis für die machtentwöhnten Freidemokraten. Ein kluger Analyst, so es ihn denn in den eigenen Reihen gegeben hätte, hätte allerdings konstatiert, dass ein nicht unerheblicher Prozentsatz der FDP-Wähler aus enttäuschten Konservativen bestand, die sich lieber die Hand abgehackt hätten, als Frau Merkel ihre Stimme zu geben. Immerhin 1,1 Millionen Wähler sind so von der Union zur FDP übergelaufen. Mit diesem Pfund hätte man wuchern können, denn an eine Rückkehr der Enttäuschten zur Union ist unter Frau Merkels Parteivorsitz nicht zu denken. Und doch sollte es anders kommen.
Ob es nun Eitelkeit oder ein unrealistisches Selbstbild waren, die den vornehmlich bei Kabarettisten beliebten Herrn Westerwelle dazu verleiteten, ausgerechnet das brisante Amt des Bundesaußenministers anzustreben, muss offen bleiben. Das Resultat dieser Fehlentscheidung jedenfalls erweist sich für die Partei als desaströs. Anders als seinen Amtsvorgängern H.-D. Genscher und Klaus Kinkel fehlt es dem Guidomobil-Erfinder nicht nur an diplomatischem Gespür, sondern vor allem an Respekt vor dem Wählerwillen und den Interessen des eigenen Landes. So kam es wie es kommen musste. Bereits sein Antrittsbesuch in Polen, wo er ohne Not die Positionen nationalistischer polnischer Hardliner gegen Frau Steinbach übernahm und damit nicht nur den Bund der Vertriebenen brüskierte, sondern auch den Koalitionspartner CSU, ließ das Schlimmste für Amt und Partei vermuten, und gleich sein nächster Besuch in der Türkei machte das Desaster komplett. Statt sich in diplomatischer Zurückhaltung zu üben, versicherte Herr Westerwelle seinen erfreuten Gastgebern, dass sich Deutschland für einen EU-Beitritt der Türkei einsetzen werde, was angesichts der Positionen von CSU und Teilen der CDU in dieser Frage ein klarer Affront sowie eine Überdehnung des Koalitionsvertrages war. Entsetzt erkannten die merkelflüchtigen Konservativen, dass sie vom Regen direkt in die Traufe gelangt waren, und kehrten reuevoll ins Nichtwählerlager zurück. Diese Stimmen sind für die FDP schon heute verloren und werden auch nicht wiederzugewinnen sein. Dafür erntete der neue polnische Reserve-Außeminister (so der Kritikervorwurf) den Beifall einer gewissen Claudia Roth, die ihm „Vernunft und Weitblick“ bescheinigte! Angesichts der Tatsache, dass besagte Dame noch vor wenigen Jahren hinter „Nie wieder Deutschland!“-Plakaten poussierte ein mehr als zweifelhaftes Kompliment.
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http://ef-magazin.de/2010/02/06/1850-fdp-krisensitzung-am-wochenende-egomania
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