http://www.jungewelt.de/2010/02-16/037.php
Sozialrassismus
Westerwelle auf Kollisionskurs
Von Werner Pirker In Deutschland ist die extreme Rechte auf dem Vormarsch. Wer dabei in erster Linie an die Zusammenrottung von Neonazis in Dresden denkt, verkennt den Ernst der Lage. Die akute Rechtsgefahr manifestiert sich weniger in braunem Straßengegröle als in offiziellen Debattenbeiträgen zur sozialen Lage. Die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit müsse neu gestellt werden, meint Guido Westerwelle und fordert darüber eine Generaldebatte im Bundestag. 45 Prozent des Bundeshaushaltes würden mittlerweile für den Sozialetat ausgegeben, schürt der FDP-Vorsitzende die Wut der »Leistungsträger« und spielt gleichzeitig mit deren Ängsten vor dem sozialen Abstieg zu Transferleistungsempfängern: »Wenn das so weitergeht, wird durch diese Umverteilungspolitik der ganz normale Steuerzahler zum Sozialfall.«
So wollen die Westerwelles die soziale Frage neu gestellt wissen. Nicht als Gerechtigkeitsproblem zwischen oben und unten, sondern zwischen »Steuerzahlern« und »Leistungsempfängern«. Daß sich Hochleistungsträger ihrer Steuerpflichten entziehen, um nicht selbst zum Sozialfall zu werden, wird in wirtschaftsliberalen Kreisen freilich eher als Beitrag zur Schließung der Gerechtigkeitslücke wahrgenommen.
Die von der extremen Regierungsrechten ausgelöste Sozialschmarotzerdebatte ist ebenso elitär wie populistisch. Elitär, weil sie Unterprivilegierte unter Betrugsverdacht stellt und populistisch, weil sie eine manipulativ gewendete Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit suggeriert. Dabei schienen doch gerade die Liberalen über jeden Populismusverdacht erhaben. Schließlich gehört es längst zum guten Ton, den sozialen Diskurs als populistisch zu verdammen. Ihr offen zur Schau gestellter Elitismus hindert die FDP jedoch keineswegs am Schulterschluß mit dem plebejischen Ressentiment. Es hieß stets, in Deutschland gebe es keine mit der Haider-FPÖ vergleichbare Kraft. Doch es gibt sie– in Gestalt der Westerwelle-FDP. Haiders Stärke bezog sich aus der Kombination aus Sozialdarwinismus und sozialer Demagogie. Sein Hohelied auf den kleinen Mann harmonierte mit Tiraden gegen staatliche Bevormundung und die Unterdrückung des Leistungsprinzips. Den »Tüchtigen, Anständigen und Fleißigen« galt seine Anerkennung, der »sozialen Hängematte« seine Ablehnung.
Man könnte einwenden, daß sich Westerwelles FDP anders als die Haider-FPÖ und ihre diversen Nachkommen keines ethnischen, sondern »nur« eines sozialen Rassismus bedient. Wie sich beide Rassismus-Formen auch in Deutschland verknüpfen lassen, beweist ein Herr Sarrazin, der, obzwar SPD-Mitglied, seinen Haß auf Türken und Araber auf die Unterschichten und seinen Haß auf die Unterschichten auf Türken und Araber zu projizieren versteht. Das sollte lehren, das Problem Rechtsradikalismus nicht isoliert zu betrachten, wie das der Mainstream-Antifaschismus tut, sondern stets im Kontext mit der neoliberalen Hegemonie.
So wollen die Westerwelles die soziale Frage neu gestellt wissen. Nicht als Gerechtigkeitsproblem zwischen oben und unten, sondern zwischen »Steuerzahlern« und »Leistungsempfängern«. Daß sich Hochleistungsträger ihrer Steuerpflichten entziehen, um nicht selbst zum Sozialfall zu werden, wird in wirtschaftsliberalen Kreisen freilich eher als Beitrag zur Schließung der Gerechtigkeitslücke wahrgenommen.
Die von der extremen Regierungsrechten ausgelöste Sozialschmarotzerdebatte ist ebenso elitär wie populistisch. Elitär, weil sie Unterprivilegierte unter Betrugsverdacht stellt und populistisch, weil sie eine manipulativ gewendete Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit suggeriert. Dabei schienen doch gerade die Liberalen über jeden Populismusverdacht erhaben. Schließlich gehört es längst zum guten Ton, den sozialen Diskurs als populistisch zu verdammen. Ihr offen zur Schau gestellter Elitismus hindert die FDP jedoch keineswegs am Schulterschluß mit dem plebejischen Ressentiment. Es hieß stets, in Deutschland gebe es keine mit der Haider-FPÖ vergleichbare Kraft. Doch es gibt sie– in Gestalt der Westerwelle-FDP. Haiders Stärke bezog sich aus der Kombination aus Sozialdarwinismus und sozialer Demagogie. Sein Hohelied auf den kleinen Mann harmonierte mit Tiraden gegen staatliche Bevormundung und die Unterdrückung des Leistungsprinzips. Den »Tüchtigen, Anständigen und Fleißigen« galt seine Anerkennung, der »sozialen Hängematte« seine Ablehnung.
Man könnte einwenden, daß sich Westerwelles FDP anders als die Haider-FPÖ und ihre diversen Nachkommen keines ethnischen, sondern »nur« eines sozialen Rassismus bedient. Wie sich beide Rassismus-Formen auch in Deutschland verknüpfen lassen, beweist ein Herr Sarrazin, der, obzwar SPD-Mitglied, seinen Haß auf Türken und Araber auf die Unterschichten und seinen Haß auf die Unterschichten auf Türken und Araber zu projizieren versteht. Das sollte lehren, das Problem Rechtsradikalismus nicht isoliert zu betrachten, wie das der Mainstream-Antifaschismus tut, sondern stets im Kontext mit der neoliberalen Hegemonie.
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