Donnerstag, 11. Februar 2010
Orgien! Wir wollen Orgien!
Beim Jupiter! Gerade lag ich, lässig in meine Toga gewickelt, auf meinem triclinum und ließ mich von meinem Leibsklaven, dem Ein-Sesterzen-Arbeiter Hartzus Quartus, mit Weintrauben füttern, da hörte ich vom nahegelegenen Forum aus wieder mal den pockennarbigen Senator Guidius Occidentfluctus seine üblichen Hasstiraden schwingen gegen jeden, der weniger Geld besitzt als er. Das Reich sinke in Dekadenz herab, brüllte der irre Prediger, würde der Plebs weiterhin nur so mit Gold überhäuft. Potzblitz, dachte ich, richtete mich mühsam auf, rückte meinen Lorbeerkranz zurecht und schob die in Auerochsfett gebratenen Kaldaunen beiseite - Dekadenz, das klingt ja gar nicht gut. Vielleicht sollte ich Hartzus Quartus' Regelsatz kürzen und dafür die Dosis der täglichen Peitschenhiebe erhöhen.
Denn Hartzus Quartus ist, wie alle Sklaven, bekanntlich stinkfaul. Außer natürlich, wenn's ans Orgienfeiern geht. Lange schlafen, Wein saufen und den ganzen Tag im Circus Maximus herumhängen und den Spielen zugucken, das ist alles, was die draufhaben. Aber wenn hier jemand Geld für Orgien übrig haben sollte, dann ja wohl immer noch wir, die Leistungsträger der Gesellschaft. Die Besitzer der Olivenplantagen, Steinbrüche und Weingüter. Bei den Sklaven reicht es doch vollkommen, wenn sie gerade so nicht verhungern. Das hat schließlich schon der Gelehrte Fridericus Thießenus ausgerechnet, der meint, dass 132 Sesterzen völlig ausreichen, um einen Sklaven einen Monat am Leben zu erhalten.
Occidentfluctus regt sich besonders über ein Urteil der Auguren auf, die unlängst meinten, dass die Almosenverteilung im Reich so nicht weitergehen könnte. Dem stimme ich zu. Es kann ja nicht sein, dass mein Sänftenträger von dem Lohn, den ich ihm zahle, genauso schlecht leben muss wie der arbeitslos gewordene Gladiator, der faul an der Straßenecke sitzt und bettelt! Da muss etwas geschehen - am besten, wir streichen dem Bettler seine Almosen zusammen. Schließlich will ja keiner dekadent werden, überlege ich mir zwischen zwei Happen gefüllter Giraffenhälse. Vielleicht sollte man die Armen gleich ganz in die Arena schicken, zu den Löwen nämlich, da könnte man an den Eintrittspreisen noch was verdienen.
Und für den anderen Weg, also mehr Sesterzen an die niederen Schichten zu verteilen, ist sowieso kein Geld mehr übrig - das ist alles an notleidende Geldverleiher verteilt worden. Außerdem sei das ohnehin "sozialistisch", belfert Occidentfluctus den Bürgern mit pochender Halsschlagader zu - keine Ahnung, wo er das Wort herhat, aber es muss wohl etwas mit diesem Spartacus zu tun haben, der gerade für Ärger im Reich sorgt. Der sammelt immer mehr Getreue um sich, während Occidentfluctus die Anhänger in Scharen davonlaufen, seit er's zum Vizeimperator gebracht hat.
(Im Ernst: Als das Urteil des Bundesverfassungsgerichts am Dienstag an die Öffentlichkeit drang, gehörte ich zu den wenigen, die nicht in Jubel ausbrachen. Denn entgegen aller Deutungsvarianten der Sozialverbände las ich nirgendwo etwas von einer Erhöhung des Regelsatzes, sondern lediglich von der Notwendigkeit einer Neuberechnung. Und das soll jetzt ausgerechnet die derzeit amtierende neoliberal-manchesterkapitalistische Wespenkoalition erledigen - das riecht eher nach einem willkommenen Anlass, die Alg-II-Sätze weiter einzudampfen. Wir erinnern uns: FDP-Mann Martin Lindner wollte schon mal den Regelsatz um 30 Prozent kürzen. Nachtigall, ick hör' dir knapsen.)
Apropos Nachtigall: Hartzus, reiche er mir die Pasteten aus Nachtigallenzungen. Und dann fächel mir weiter Luft zu.
Denn Hartzus Quartus ist, wie alle Sklaven, bekanntlich stinkfaul. Außer natürlich, wenn's ans Orgienfeiern geht. Lange schlafen, Wein saufen und den ganzen Tag im Circus Maximus herumhängen und den Spielen zugucken, das ist alles, was die draufhaben. Aber wenn hier jemand Geld für Orgien übrig haben sollte, dann ja wohl immer noch wir, die Leistungsträger der Gesellschaft. Die Besitzer der Olivenplantagen, Steinbrüche und Weingüter. Bei den Sklaven reicht es doch vollkommen, wenn sie gerade so nicht verhungern. Das hat schließlich schon der Gelehrte Fridericus Thießenus ausgerechnet, der meint, dass 132 Sesterzen völlig ausreichen, um einen Sklaven einen Monat am Leben zu erhalten.
Occidentfluctus regt sich besonders über ein Urteil der Auguren auf, die unlängst meinten, dass die Almosenverteilung im Reich so nicht weitergehen könnte. Dem stimme ich zu. Es kann ja nicht sein, dass mein Sänftenträger von dem Lohn, den ich ihm zahle, genauso schlecht leben muss wie der arbeitslos gewordene Gladiator, der faul an der Straßenecke sitzt und bettelt! Da muss etwas geschehen - am besten, wir streichen dem Bettler seine Almosen zusammen. Schließlich will ja keiner dekadent werden, überlege ich mir zwischen zwei Happen gefüllter Giraffenhälse. Vielleicht sollte man die Armen gleich ganz in die Arena schicken, zu den Löwen nämlich, da könnte man an den Eintrittspreisen noch was verdienen.
Und für den anderen Weg, also mehr Sesterzen an die niederen Schichten zu verteilen, ist sowieso kein Geld mehr übrig - das ist alles an notleidende Geldverleiher verteilt worden. Außerdem sei das ohnehin "sozialistisch", belfert Occidentfluctus den Bürgern mit pochender Halsschlagader zu - keine Ahnung, wo er das Wort herhat, aber es muss wohl etwas mit diesem Spartacus zu tun haben, der gerade für Ärger im Reich sorgt. Der sammelt immer mehr Getreue um sich, während Occidentfluctus die Anhänger in Scharen davonlaufen, seit er's zum Vizeimperator gebracht hat.
(Im Ernst: Als das Urteil des Bundesverfassungsgerichts am Dienstag an die Öffentlichkeit drang, gehörte ich zu den wenigen, die nicht in Jubel ausbrachen. Denn entgegen aller Deutungsvarianten der Sozialverbände las ich nirgendwo etwas von einer Erhöhung des Regelsatzes, sondern lediglich von der Notwendigkeit einer Neuberechnung. Und das soll jetzt ausgerechnet die derzeit amtierende neoliberal-manchesterkapitalistische Wespenkoalition erledigen - das riecht eher nach einem willkommenen Anlass, die Alg-II-Sätze weiter einzudampfen. Wir erinnern uns: FDP-Mann Martin Lindner wollte schon mal den Regelsatz um 30 Prozent kürzen. Nachtigall, ick hör' dir knapsen.)
Apropos Nachtigall: Hartzus, reiche er mir die Pasteten aus Nachtigallenzungen. Und dann fächel mir weiter Luft zu.
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