Die Fußball-Weltmeisterschaft und die Slums
Zwanzig Jahre nach der Freilassung Nelson Mandelas wird die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika ausgetragen. Viv Smith wirft einen Blick hinter die schöne Kulisse und beschreibt die Auswirkungen auf die einfachen Menschen.
Über 40 Jahre lang wurde die schwarze Bevölkerung in Südafrika unterdrückt. Unter dem System der Rassentrennung, gennant Apartheid, wurden den schwarzen Südafrikanern alle demokratischen Rechte verweigert. Einer der führenden Kämpfer gegen die Apartheid war Nelson Mandela. Als er im Jahr 1990 aus dem Gefängnis entlassen wurde, kamen 50.000 Menschen, um ihn reden zu hören. »Unser Marsch zur Freiheit ist unumkehrbar«, rief er ihnen zu. Hilda Ndude war damals dabei: »Wir waren unglaublich optimistisch«, sagt sie. »Wir wussten, ein neues Südafrika wurde geboren.«
Zwanzig Jahre später schwindet dieser Optimismus von Tag zu Tag mehr. Die Fußball-Weltmeisterschaft wird im Juni dieses Jahres in Südafrika ausgetragen. Die Augen der ganzen Welt werden wieder auf dieses Land gerichtet sein. Doch was die wenigsten Kameras zeigen werden, ist die Rückkehr einer Praxis, die eng mit dem Südafrika der Apartheid verbunden ist: die Zwangsräumung von Schwarzen aus ihren Häusern.
Ein Land großer Kontraste (hier anklicken)
Südafrika hat eine Bevölkerung von 50 Millionen Menschen - und die weltweit größte Kluft zwischen Reich und Arm. Jeder Vierte ist arbeitslos, und 18 Millionen Menschen müssen mit weniger als 2 Dollar am Tag auskommen. Seit Ende der Apartheid hat sich zwar eine schwarze Mittelschicht entwickelt. Aber als Erbe der rassistischen Spaltung sind noch heute 95 Prozent der Armen Schwarze.
Nach dem Zuschlag für die Fußball-WM im Jahr 2007 erklärte der damalige Präsident Südafrikas, Thabo Mbeki, dies sei »ein Moment, da Afrika aufrecht und entschlossen den Jahrhunderten der Armut und Konflikte den Rücken kehrt«.
Für die Mehrheit der Südafrikaner dagegen symbolisieren die riesigen Fußballstadien Vergeudung von dringend benötigten Mitteln. Der Stadtrat von Johannesburg hat beispielsweise wegen Überschreitung der Baukosten seinen Haushalt um über 90 Millionen Euro gekürzt. Die Einzelspiele werden bis zu 650 Euro kosten. Dagegen steht ein Wochenlohn von durchschnittlich 60 Euro für einen Bauarbeiter. Die Arbeiter, die die Stadien errichteten, werden sich jedenfalls keine Eintrittskarten leisten können. »Das zeigt, wie tief die Klassenspaltung in unserem Land ist«, sagt Castro Ngobese von der Metallarbeitergewerkschaft Numsa. »die Menschen können sich nicht einmal die notwendigsten Dinge wie Brot, Milch und ein anständiges Mahl leisten.«
Riesige Barackensiedlungen werden als Müllkippe für die Stadtarmen gebaut, um die Menschen um das Riesenstadion und andere Bauprojekte herum aus dem Blickfeld zu verbannen. Dreißig Kilometer von der Stadtmitte Kapstadts entfernt befindet sich ein Ort, den die Anwohner Blikkiesdorp, »Blechdosenstadt«, nennen. Endlose Reihen von drei mal sechs Meter großen Wellblechhütten wurden hier aufgestellt, in denen ganze Familien in einem einzigen Raum leben müssen. Das Wellblech lässt sich locker mit einer Schere aufschneiden (zu den Fotos der Anti-Eviction-Campaign ...). Die Hütten stehen auf einer weiten staubigen. Jeweils vier Bewohner müssen sich Wascheinrichtungen, Toilette und einen Wasserhahn teilen. Der Ort liegt weit entfernt von den Arbeitsplätzen der Leute, und die Verkehrsanbindung ist schlecht. Viele der Bewohner leiden unter HIV/Aids, können aber keine Klinik aufsuchen. In der südafrikanischen Presse wurden diese eingezäunten und polizeilich bewachten Gebiete bereits als Konzentrationslager bezeichnet. Ziettha Meyer wurde von einer Sozialarbeiterin in die »Blechdosenstadt« gebracht. Diese drohte ihr mit Gefängnis, sollte sie sich weigern, mitzukommen. »Sie setzte uns wie einen Hühnerhaufen ab«, sagt sie, »wir hatten keine Wahl.« Nach dem neuen Slumgesetz kann jeder, der den Anweisungen zum Unzug nicht folgt, für fünf Jahre ins Gefängnis wandern. Für den Stadtrat von Kapstadt dagegen ist Blikkiesdorp das »vorübergehende Umsiedlungsgebiet Symphony Way«. Er hat versucht, Menschen aus schwarzen Townships wie Joe Slovo »umzusiedeln«, die sich entlang der Strecke vom Internationalen Flughafen Kapstadt bis in die Stadtmitte ziehen. Joe Slovo ist eine seit langem bestehende »informelle Siedlung« in Langa, dem ältesten schwarzen Township in der Provinz Westkap. Die Organisatoren der Fußball-WM nennen sie einen »Schandfleck« und wollen, dass sie verschwindet. Aber die 20.000 Einwohner dort haben Widerstand geleistet. Sie haben, seit die Austragung der Fußball-WM in Südafrika bekannt gegeben wurde, erfolgreich ihre Umsiedlung verhindert.
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