ad sinistram: Zähmung der fickenden Unterschicht
Zähmung der fickenden Unterschicht
Freitag, 19. März 2010
Oh, was für ein Segen, dass wir in manierlichen Zeiten leben! Oh, was für ein Glück, dass unsere Gesellschaft aus ihren Fehlern gelernt hat! Denn jetzt muß man keine Samenleiter mehr durchtrennen, Eierstöcke rausreißen oder Hoden entfernen - Schwachsinnige und Minderwertige können hormonell oder per Präservativ zu ihrer Kinderlosigkeit und zu unserem Glück gedrängt werden. Gezwungen? In keiner Weise! Alles freiwillig, alles ohne Zwang - wer aber hernach schwanger wird und sich mit fünf Bälgern quält, der soll nicht wimmern.
Dabei weint sich diese Gesellschaft turnusmäßig die Augen aus dem Kopf, weil sie zu wenig Kinder hätte. Nicht mal anderthalb Lendenfrüchtchen pro Frauenleben. Anderthalb klassenübergreifend wohlgemerkt! Denn im gesellschaftlichen Droben, berichten sie, plärren noch weniger Kinder, gleichzeitig hienieden die Geburtenrate zu hoch läge. Lakonischer: Die falschen Leute bekommen Kinder! Da beklagen sie sich, heulen unaufhörlich, weil sie schrumpfen und dann halten sie eine bestimmte Sorte Kind für unwürdig, ihre schrumpelnde und vertrocknende Gemeinde aufzufüllen.
Wenn es denn die Wahrheit wäre, dass droben weniger, drunter mehr Kinder den Nebel der Welt erblickten, so müßten doch Einsichten folgen, die sich von den heutigen Unkenrufen unterscheiden - man müßte das Unterschichtenkind besser fördern, ihm alle Möglichkeiten einräumen, finanzielle Barrieren auflösen, Bildung frei zugänglich machen, damit es die sich lichtenden Reihen schließen kann. Aber was macht diese Gesellschaft? Sie will Pariser verteilen, Hormonkuren finanzieren, damit aus den Kindern der Habenichtse nicht weitere Habenichtse entstehen. Sie will also verhindern - nicht fördern. Denn letztendlich sollen die richtigen Leute Kinder in die Welt setzen. Und das alles ohne Zwang! Zwang ist ausgeschlossen. Nicht mehr zeitgemäß. Schadet dem Image. Zwang? So ein verderbliches, so ein böswilliges Wort!
Niemand hat die Absicht, Hoden abzuklemmen; niemand will sterilisieren. Aber Pille und Kondom, großzügig angeboten, um sich der armen Schlucker und ihrer Brut zu erwehren - das muß doch erlaubt sein. Ohne Zwang, dafür mit Formular. Antrag auf Verhütungsmittelhilfe nach Paragraph soundso: Tragen Sie hier ein, lieber Penetrierender, wieviele Präservative Sie benötigen. Ihre Fallmanagerin wird Ihnen, nach eingehender Beratung, eine angemessene Stückzahl an Kondomen aushändigen. Dort gibt es dann Schelte, ob man denn krank sei, pervers vielleicht, weil man monatlich 25 Kondome wolle - das ist ja schon abartig! Selbst habe man nur zweimal Geschlechtsverkehr im Quartal, zudem einmal Fellatio im Monat - mehr Zeit habe man nicht. Aber woher soll ein Schmarotzer auch wissen, wie wenig es unter der Gürtellinie zwickt und juckt, wenn man zur Leistungsträgerschaft gehört. Denn man habe weder Zeit noch Muse, sei immer in Gedanken bei der tonnenschweren Verantwortung, die man für diese Gesellschaft trage. Sowas wird ein Schmarotzer auch nie verstehen. Zwei Ficks im Vierteljahr, einmal Blasen im Monat - und das, nach Termin und Absprache, immer mit demselben Partner. Wer aber 25 Gummis will, der nährt doch den Verdacht, dass er alles begattet, was seinem Pimmel Obdach gewährt - Sie widerliches, perverses, krankhaftes Schwein!
Dann irgendwann häufen sich die Meldungen. Jetzt sprechen die Fallmanager!, titelt Springer. Und was sie berichten! Erröten möchte man. Alles Perverse!... Rammeln wie die Karnickel!... Nur Sex im Kopf, zwischen den Stöhngelagen lockert man sich mit Alkohol und Kippen auf. Manche masturbieren direkt beim Amtstermin... Arbeitsvermittler verletzt: auf Sperma ausgerutscht!... Fallmanagerin berichtet: Asoziale vermehren sich direkt in der Amtsstube!... Wir brauchen härtere Maßnahmen!, brüllen sie dann von den Aufmachern. Pille und Gummis kosten monatlich Unsumme und kriegen die krankhafte Triebhaftigkeit letztlich auch nicht in den Griff. Die Kondomerzeuger haben zu aller Unglück die Preise auch noch angezogen - Präsermanufakturen beuten Steuerzahler aus!... Sperrt ihnen das Kindergeld!, fordert ein Ökonom. Oder ein Soziologe aus Bremen - wer weiß das heute schon so genau? Hoppla, ist ja heute schon quasi so, nennt sich nur Anrechnung des Kindergeldes - rasch den Vorschlag unter den Teppich gekehrt... Schlagworte braucht das Land: Asozialenschwemme! Der kräftige und gesunde Leistungsträger stirbt aus! Verkinderte Republik!... Und dann passiert es: Kappt die Leitungen!, schreit ein mutiger Politiker. Durchschlagt die Samenleiter minderwertiger Männer. Tippelbrüder und Alkoholiker brauchen keine Kinder, sie müssen ihr kränkliches Erbgut nicht ablassen. Fangt bloß bald an mit der Durchtrennung, bevor uns ihr Sperma erstickt. Achwas!, schreitet ein Kollege energisch ein. Nicht die Leitungen trennen, raubt ihnen besser die Hoden, damit auch gleich der lasterhafte Trieb vergeht! Die sollen nicht beischlafen, während der fleißige Teil der Gesellschaft arbeitet; die sollen nicht ficken, während sich der fleißige Teil der Gesellschaft von ihren Chefs ficken läßt. Frechheit, unmoralisch, nicht tragbar!, titeln darauf einige Zeitungen heuchlerisch. Das geht aber zu weit! Samenleiter kappen - das geht ja noch. Das sei ausreichend! Und urplötzlich wird der Samenleiterdurchtrenner zur Stimme der Vernunft - neben seinem geistigen Bruder, dem Hodenzwicker, wirkt er ausgesprochen milde, rational, menschenfreundlich... Aber einerlei, denn tagsdrauf bohrt man nach: Darf man Hoden stehlen? Die große Umfrage, sagen Sie uns Ihre Meinung. Und, welch Überraschung, vier Fünftel entblößen sich als Eierdiebe. Uiuiui, quaken sie dann einträchtig im Chor, der hat Rückhalt in der Bevölkerung, der spricht mit Volkes Mund. Und seien wir doch mal ehrlich, recht hat er schon. Nur hätte er es mit mehr Würde vortragen, einen versöhnlich-wissenschaftlichen Ton anschlagen müssen. Hodenklau sagt man nicht! Das klingt so banal, so unseriös. Kastration oder Entnahme der Testikel - ja, das wäre eine Wortwahl, die einer Demokratie würdig ist, die ihr zupass kommt...
Doch immer langsam, nur ruhig, nur still. So weit sind wir noch nicht - noch ist es freiwillig. Wir sind doch zivilisierte Leute. Und zivilisiert sollten auch alle Frauen sein, deren Lebenswunsch es immer war, Kinder zu haben - Männer mit gleichem Wunsch freilich auch. Stellt euren Wunsch zurück, verdammt euer Lebensglück - wer nicht zahlen kann, wer nicht flüssig ist, soll kein Glück gebären müssen. Aber alles freiwillig! Man kann es gar nicht oft genug erwähnen. Wer aber dann mit fünf kostenintensiven Plagen gesegnet ist, soll sich ja nicht die Frechheit erlauben und jaulen. Und warum soll eigentlich die Solidargemeinschaft für Kinder aufkommen, die auch als milchige Brühe im Pariserzipfelchen hätten zurückbleiben können? Alles freiwillig - gar keine Frage. Aber wer sich nicht helfen lassen will, wer der Gesellschaft nicht Geburtenkontrolleur in eigener Sache hilft, der soll nicht noch finanzielle Unterstützung für seine Triebhaftigkeit erhalten.
Noch gibt man dem Bodensatz die Chance, sich selbst zu regulieren. Wobei das Problem nur am Rande beseitigt wäre - denn was bliebe, das wäre die Lust. Kinderlose Lust - die mehrt das Gestöhne nur noch. Gibt es erst keine störenden Bälger mehr, quietscht das Bett emsiger. Ich muß arbeiten und die treiben es bunt, wettern dann viele - tun sie ja heute schon. So als ob ihre Arbeit Schuld hätte, dass sie keine Frau, keinen Mann abbekommen; als ob es nicht ihr Mundgeruch, ihre zum Kinn herausragenden Nasenhaare und ihr mieser Charakter wären, die selbst ein Präservativ verschreckten. Päderasten, geile Böcke! Die finden doch keine Arbeit, weil die ständig steif oder feucht sind!
Aber zunächst geht es um die Kinder. Ihr Kinderlein kommet - das heißt: kommet bloß nicht; kommet ja nicht zur Welt. Das wird uns zu teuer. Zwar beklagen sie sich, wir hätten zu wenig Kinder - aber Kind ist eben nicht Kind. Die einen Kinder bekommen Kindergeld, das nicht an Vaters opulenten Gehalt ausgerichtet wird - die anderen bekommen ihr Kindergeld ans Sozialgeld angerechnet. Kinder und Schmuddelkinder - aber selbstverständlich sind alle gleich, haben die gleichen Chancen. Ist es etwa die Schuld der Gesellschaft, wenn Schmuddelkinds Papa keinen Nachhilfelehrer bezahlen kann? Er hätte doch die Chance, er müßte nur fleißiger sein und mehr verdienen, dann könnte auch aus seinem Spross ein geherztes Kindchen werden. Also, unterlasst das Kinderkriegen besser gleich, holt euch Pariser vom Amt, spritzt eure Lust ins Reservoire.
Solange jedenfalls, bis man mit dicken Lettern davon berichtet, dass die Verhütungsmittelbereitstellung den Staatshaushalt auffrisst. Bis das Optimierungsgesetz zu Verhütungsfragen in Kraft tritt und man euch wertvolle Ratschläge erteilt. Dann erhält die Bedarfsgemeinschaft Post, "erscheinen Sie bitte am soundsovielten... dies ist eine Einladung nach Paragraph..." - Rechtsfolgebelehrung beigelegt, bei Nichterscheinen: Sanktion! Da sitzen die Bedürftigen, da sitzt die Bedarfsgemeinschaft dann und wird von einem sexuell Bedürftigen beraten. Askese sei ein Ideal, winselt er. Und wenn schon, warum nicht mal in den Arsch penetriert. Oder keck geblasen. Oder frech geleckt. Praktiken ohne Schwangerschaftsfolgen. Liebe Bedarfsgemeinschaft, verkündet der verwelkte Beischlafsberater, treibt es patriotisch - macht es so miteinander, dass der Solidargemeinschaft nicht Unkosten aufgebürdet werden, die nicht unbedingt sein müßten. Ihr kostet doch schon eine Menge! Noch einer von eurer Sorte - wer soll das bezahlen? Fickt anal, damit der Steuerzahler und Leistungsträger nicht an einer etwaigen Schwangerschaft leiden muß. Fellatio und Cunnilingus aus Vernunft- und Kostengründen! Dann zwinkert er dem männlichen Teil der Bedarfsgemeinschaft zu, ermuntert ihn in jovialer Stimmlage zum Taschenbillard - ein Blick zur Dame des alimentierten Hauses, ein Ratschlag, es mit lusthemmenden Medikamenten zu probieren. Schließlich müsse man doch nicht dauernd im Koitus vereint sein - reicht es nicht, wenn man in Armut vereint ist?
Davon aber noch keine Rede. Noch heißt es nur, dass das Prekariat verantwortungslos sei, Kinder bekomme, die wir uns nicht leisten könnten als Gesellschaft. Dabei könnten wir sie uns leisten, wenn wir wollten. Wir könnten uns sogar leisten, sie gut zu bilden, sie teilhaben zu lassen am sozialen und kulturellen Wohlstand. Könnten wir! Wollen wir nur nicht! Man will keine Ahmeds oder Kevins, keine Kinder von unten oder von sonstwoher - man will eher Rüdiger-Pascals, die irgendwann mal beruflich als Vermögensverwalter ihres Erbes fungieren. Daher Gummis verteilt und Pillen gereicht, damit den gewollten Kindern dieser Gesellschaft ein wohliges Leben beschert ist; ein Leben, in dem sie die Armut nicht mehr finanzieren müssen; ein Leben als erwünschte Kinder, als erwünschte Jugendliche, als erwünschte Erwachsene - als Herrenmenschen.
Dabei weint sich diese Gesellschaft turnusmäßig die Augen aus dem Kopf, weil sie zu wenig Kinder hätte. Nicht mal anderthalb Lendenfrüchtchen pro Frauenleben. Anderthalb klassenübergreifend wohlgemerkt! Denn im gesellschaftlichen Droben, berichten sie, plärren noch weniger Kinder, gleichzeitig hienieden die Geburtenrate zu hoch läge. Lakonischer: Die falschen Leute bekommen Kinder! Da beklagen sie sich, heulen unaufhörlich, weil sie schrumpfen und dann halten sie eine bestimmte Sorte Kind für unwürdig, ihre schrumpelnde und vertrocknende Gemeinde aufzufüllen.
Wenn es denn die Wahrheit wäre, dass droben weniger, drunter mehr Kinder den Nebel der Welt erblickten, so müßten doch Einsichten folgen, die sich von den heutigen Unkenrufen unterscheiden - man müßte das Unterschichtenkind besser fördern, ihm alle Möglichkeiten einräumen, finanzielle Barrieren auflösen, Bildung frei zugänglich machen, damit es die sich lichtenden Reihen schließen kann. Aber was macht diese Gesellschaft? Sie will Pariser verteilen, Hormonkuren finanzieren, damit aus den Kindern der Habenichtse nicht weitere Habenichtse entstehen. Sie will also verhindern - nicht fördern. Denn letztendlich sollen die richtigen Leute Kinder in die Welt setzen. Und das alles ohne Zwang! Zwang ist ausgeschlossen. Nicht mehr zeitgemäß. Schadet dem Image. Zwang? So ein verderbliches, so ein böswilliges Wort!
Niemand hat die Absicht, Hoden abzuklemmen; niemand will sterilisieren. Aber Pille und Kondom, großzügig angeboten, um sich der armen Schlucker und ihrer Brut zu erwehren - das muß doch erlaubt sein. Ohne Zwang, dafür mit Formular. Antrag auf Verhütungsmittelhilfe nach Paragraph soundso: Tragen Sie hier ein, lieber Penetrierender, wieviele Präservative Sie benötigen. Ihre Fallmanagerin wird Ihnen, nach eingehender Beratung, eine angemessene Stückzahl an Kondomen aushändigen. Dort gibt es dann Schelte, ob man denn krank sei, pervers vielleicht, weil man monatlich 25 Kondome wolle - das ist ja schon abartig! Selbst habe man nur zweimal Geschlechtsverkehr im Quartal, zudem einmal Fellatio im Monat - mehr Zeit habe man nicht. Aber woher soll ein Schmarotzer auch wissen, wie wenig es unter der Gürtellinie zwickt und juckt, wenn man zur Leistungsträgerschaft gehört. Denn man habe weder Zeit noch Muse, sei immer in Gedanken bei der tonnenschweren Verantwortung, die man für diese Gesellschaft trage. Sowas wird ein Schmarotzer auch nie verstehen. Zwei Ficks im Vierteljahr, einmal Blasen im Monat - und das, nach Termin und Absprache, immer mit demselben Partner. Wer aber 25 Gummis will, der nährt doch den Verdacht, dass er alles begattet, was seinem Pimmel Obdach gewährt - Sie widerliches, perverses, krankhaftes Schwein!
Dann irgendwann häufen sich die Meldungen. Jetzt sprechen die Fallmanager!, titelt Springer. Und was sie berichten! Erröten möchte man. Alles Perverse!... Rammeln wie die Karnickel!... Nur Sex im Kopf, zwischen den Stöhngelagen lockert man sich mit Alkohol und Kippen auf. Manche masturbieren direkt beim Amtstermin... Arbeitsvermittler verletzt: auf Sperma ausgerutscht!... Fallmanagerin berichtet: Asoziale vermehren sich direkt in der Amtsstube!... Wir brauchen härtere Maßnahmen!, brüllen sie dann von den Aufmachern. Pille und Gummis kosten monatlich Unsumme und kriegen die krankhafte Triebhaftigkeit letztlich auch nicht in den Griff. Die Kondomerzeuger haben zu aller Unglück die Preise auch noch angezogen - Präsermanufakturen beuten Steuerzahler aus!... Sperrt ihnen das Kindergeld!, fordert ein Ökonom. Oder ein Soziologe aus Bremen - wer weiß das heute schon so genau? Hoppla, ist ja heute schon quasi so, nennt sich nur Anrechnung des Kindergeldes - rasch den Vorschlag unter den Teppich gekehrt... Schlagworte braucht das Land: Asozialenschwemme! Der kräftige und gesunde Leistungsträger stirbt aus! Verkinderte Republik!... Und dann passiert es: Kappt die Leitungen!, schreit ein mutiger Politiker. Durchschlagt die Samenleiter minderwertiger Männer. Tippelbrüder und Alkoholiker brauchen keine Kinder, sie müssen ihr kränkliches Erbgut nicht ablassen. Fangt bloß bald an mit der Durchtrennung, bevor uns ihr Sperma erstickt. Achwas!, schreitet ein Kollege energisch ein. Nicht die Leitungen trennen, raubt ihnen besser die Hoden, damit auch gleich der lasterhafte Trieb vergeht! Die sollen nicht beischlafen, während der fleißige Teil der Gesellschaft arbeitet; die sollen nicht ficken, während sich der fleißige Teil der Gesellschaft von ihren Chefs ficken läßt. Frechheit, unmoralisch, nicht tragbar!, titeln darauf einige Zeitungen heuchlerisch. Das geht aber zu weit! Samenleiter kappen - das geht ja noch. Das sei ausreichend! Und urplötzlich wird der Samenleiterdurchtrenner zur Stimme der Vernunft - neben seinem geistigen Bruder, dem Hodenzwicker, wirkt er ausgesprochen milde, rational, menschenfreundlich... Aber einerlei, denn tagsdrauf bohrt man nach: Darf man Hoden stehlen? Die große Umfrage, sagen Sie uns Ihre Meinung. Und, welch Überraschung, vier Fünftel entblößen sich als Eierdiebe. Uiuiui, quaken sie dann einträchtig im Chor, der hat Rückhalt in der Bevölkerung, der spricht mit Volkes Mund. Und seien wir doch mal ehrlich, recht hat er schon. Nur hätte er es mit mehr Würde vortragen, einen versöhnlich-wissenschaftlichen Ton anschlagen müssen. Hodenklau sagt man nicht! Das klingt so banal, so unseriös. Kastration oder Entnahme der Testikel - ja, das wäre eine Wortwahl, die einer Demokratie würdig ist, die ihr zupass kommt...
Doch immer langsam, nur ruhig, nur still. So weit sind wir noch nicht - noch ist es freiwillig. Wir sind doch zivilisierte Leute. Und zivilisiert sollten auch alle Frauen sein, deren Lebenswunsch es immer war, Kinder zu haben - Männer mit gleichem Wunsch freilich auch. Stellt euren Wunsch zurück, verdammt euer Lebensglück - wer nicht zahlen kann, wer nicht flüssig ist, soll kein Glück gebären müssen. Aber alles freiwillig! Man kann es gar nicht oft genug erwähnen. Wer aber dann mit fünf kostenintensiven Plagen gesegnet ist, soll sich ja nicht die Frechheit erlauben und jaulen. Und warum soll eigentlich die Solidargemeinschaft für Kinder aufkommen, die auch als milchige Brühe im Pariserzipfelchen hätten zurückbleiben können? Alles freiwillig - gar keine Frage. Aber wer sich nicht helfen lassen will, wer der Gesellschaft nicht Geburtenkontrolleur in eigener Sache hilft, der soll nicht noch finanzielle Unterstützung für seine Triebhaftigkeit erhalten.
Noch gibt man dem Bodensatz die Chance, sich selbst zu regulieren. Wobei das Problem nur am Rande beseitigt wäre - denn was bliebe, das wäre die Lust. Kinderlose Lust - die mehrt das Gestöhne nur noch. Gibt es erst keine störenden Bälger mehr, quietscht das Bett emsiger. Ich muß arbeiten und die treiben es bunt, wettern dann viele - tun sie ja heute schon. So als ob ihre Arbeit Schuld hätte, dass sie keine Frau, keinen Mann abbekommen; als ob es nicht ihr Mundgeruch, ihre zum Kinn herausragenden Nasenhaare und ihr mieser Charakter wären, die selbst ein Präservativ verschreckten. Päderasten, geile Böcke! Die finden doch keine Arbeit, weil die ständig steif oder feucht sind!
Aber zunächst geht es um die Kinder. Ihr Kinderlein kommet - das heißt: kommet bloß nicht; kommet ja nicht zur Welt. Das wird uns zu teuer. Zwar beklagen sie sich, wir hätten zu wenig Kinder - aber Kind ist eben nicht Kind. Die einen Kinder bekommen Kindergeld, das nicht an Vaters opulenten Gehalt ausgerichtet wird - die anderen bekommen ihr Kindergeld ans Sozialgeld angerechnet. Kinder und Schmuddelkinder - aber selbstverständlich sind alle gleich, haben die gleichen Chancen. Ist es etwa die Schuld der Gesellschaft, wenn Schmuddelkinds Papa keinen Nachhilfelehrer bezahlen kann? Er hätte doch die Chance, er müßte nur fleißiger sein und mehr verdienen, dann könnte auch aus seinem Spross ein geherztes Kindchen werden. Also, unterlasst das Kinderkriegen besser gleich, holt euch Pariser vom Amt, spritzt eure Lust ins Reservoire.
Solange jedenfalls, bis man mit dicken Lettern davon berichtet, dass die Verhütungsmittelbereitstellung den Staatshaushalt auffrisst. Bis das Optimierungsgesetz zu Verhütungsfragen in Kraft tritt und man euch wertvolle Ratschläge erteilt. Dann erhält die Bedarfsgemeinschaft Post, "erscheinen Sie bitte am soundsovielten... dies ist eine Einladung nach Paragraph..." - Rechtsfolgebelehrung beigelegt, bei Nichterscheinen: Sanktion! Da sitzen die Bedürftigen, da sitzt die Bedarfsgemeinschaft dann und wird von einem sexuell Bedürftigen beraten. Askese sei ein Ideal, winselt er. Und wenn schon, warum nicht mal in den Arsch penetriert. Oder keck geblasen. Oder frech geleckt. Praktiken ohne Schwangerschaftsfolgen. Liebe Bedarfsgemeinschaft, verkündet der verwelkte Beischlafsberater, treibt es patriotisch - macht es so miteinander, dass der Solidargemeinschaft nicht Unkosten aufgebürdet werden, die nicht unbedingt sein müßten. Ihr kostet doch schon eine Menge! Noch einer von eurer Sorte - wer soll das bezahlen? Fickt anal, damit der Steuerzahler und Leistungsträger nicht an einer etwaigen Schwangerschaft leiden muß. Fellatio und Cunnilingus aus Vernunft- und Kostengründen! Dann zwinkert er dem männlichen Teil der Bedarfsgemeinschaft zu, ermuntert ihn in jovialer Stimmlage zum Taschenbillard - ein Blick zur Dame des alimentierten Hauses, ein Ratschlag, es mit lusthemmenden Medikamenten zu probieren. Schließlich müsse man doch nicht dauernd im Koitus vereint sein - reicht es nicht, wenn man in Armut vereint ist?
Davon aber noch keine Rede. Noch heißt es nur, dass das Prekariat verantwortungslos sei, Kinder bekomme, die wir uns nicht leisten könnten als Gesellschaft. Dabei könnten wir sie uns leisten, wenn wir wollten. Wir könnten uns sogar leisten, sie gut zu bilden, sie teilhaben zu lassen am sozialen und kulturellen Wohlstand. Könnten wir! Wollen wir nur nicht! Man will keine Ahmeds oder Kevins, keine Kinder von unten oder von sonstwoher - man will eher Rüdiger-Pascals, die irgendwann mal beruflich als Vermögensverwalter ihres Erbes fungieren. Daher Gummis verteilt und Pillen gereicht, damit den gewollten Kindern dieser Gesellschaft ein wohliges Leben beschert ist; ein Leben, in dem sie die Armut nicht mehr finanzieren müssen; ein Leben als erwünschte Kinder, als erwünschte Jugendliche, als erwünschte Erwachsene - als Herrenmenschen.
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