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Hossein Derakhshan droht die Todesstrafe
geschrieben am 25. September 2010 von Spiegelfechter
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Hintergrund und Vorgeschichte:Als Hossein im November 2008 in seine Heimat zurückkehrte, war er guter Dinge. Doch er war sich der Gefahr, die ihn in Iran erwartet, durchaus bewusst. Hossein hatte nämlich in der Vergangenheit zweimal den Staat Israel besucht – nach iranischem Recht ist dies eine Straftat. Dabei war sein Aufenthalt eigentlich ein Besuch in humanitärer Mission. Er wollte den Israelis zeigen, dass Iran – abseits der israelischen Propaganda – ein Land ist, in dem junge, sympathische Menschen leben, die nicht täglich Frauen steinigen, amerikanische Flaggen verbrennen oder Israel vernichten wollen. Gleichzeitig wollte er seinen iranischen Lesern zeigen, dass Israel – abseits der iranischen Propaganda – ein Land ist, in dem junge, sympathische Menschen leben, die nicht täglich Palästinenser verprügeln, Wohngebiete mit dem Bulldozer platt machen oder Iran vernichten wollen.
Wer Regimekritiker ist, bestimmen wir!
Der Fall Derakhshan
Der Blogvater muss schweigen
Ein Bloggerschicksal
Wir leben alle in einer Welt und das Netz zeigt uns unsere Gemeinsamkeiten auf, lasst uns und nicht von der Politik vereinnahmen, so Hosseins Botschaft. Doch diese Botschaft gefiel den Machthabern in Teheran überhaupt nicht, zumal sie auch von der Weltpresse aufgenommen wurde. Radikale Kreise innerhalb der Revolutionsgarden planten seitdem, an Hossein Derakhshan ein Exempel zu statuieren.
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Haft ohne Anklage und Anklage ohne Beweise
Acht Monate lang musste Hossein in Einzelhaft verbringen, weder er noch seine Familie erhielten Informationen, was man ihm eigentlich vorwirft. An Hossein Derakhshan soll ein Exempel statuiert werden, wie seine Mutter es unlängst feststellte. Auf Hosseins besonderen Wunsch hielt die Familie die internationale Presse zunächst außen vor, da man befürchtete, dass es kein Zurück gäbe, wenn die Affäre erst einmal zum Politikum würde. Nach diesen acht Monaten wurden die Haftbedingungen gelockert, was jedoch kein Grund zur Freude war, da gleichzeitig die Anklage eröffnet wurde. Worin genau die Anklagepunkte bestehen, ist bis heute nicht öffentlich bekannt. Nach Informationen der BBC besteht die Anklageschrift aus den Punkten „Zusammenarbeit mit feindlichen Regierungen“, „Propaganda gegen die islamische Republik“, „Propaganda zugunsten antirevolutionärer Gruppen und Schmähung religiöser Heiligkeiten“, „Beleidigung des obersten Revolutionsführers Ali Khamenei und des Propheten Mohammed“. Die Anklagepunkte sind ebenso absurd wie haltlos. Dennoch steht auf derlei Straftaten in Iran die Todesstrafe.
Arnold Amber, Präsident des kanadischen Journalistenverbandes CJFE nannte das Verfahren gegen Hossein – vollkommen zu Recht – eine „einzige Farce“. Das Urteil ist bereits gefällt, die Urteilsverkündung steht jedoch noch aus – leider ist es sehr wahrscheinlich, dass der Richter beim Strafmaß den „Empfehlungen“ der Staatsanwaltschaft folgt. Es ist schwer, dieses himmelschreiende Unrecht in Worte zu fassen. Ein Staat, der einen jungen Staatsbürger auf diese Art und Weise ermordet, besitzt kein Jota an moralischer Integrität. Was aber kann man als normaler Bürger, als Blogger oder aber auch als westliche Regierung tun, um das Leben von Hossein noch zu retten? Die traurige Antwort auf diese Frage heißt: auf ein Wunder hoffen.
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Im Jahre 2003 wurde beispielsweise die iranisch-kanadische Journalistin Zahra Kazemi im Evin-Gefängnis zu Tode vergewaltigt und gefoltert. Dies sorgte zwar zwischen den Staaten für eine zeitweilige „Verstimmung“, ernstzunehmende Folgen blieben jedoch aus. Was soll man auch tun? Natürlich kann man die gesamte Führungselite auf die Fahndungsliste von Interpol setzen und ihre Konten einfrieren. Sanktionen oder gar militärische Schritte würden allerdings vor allem genau die Iraner bestrafen, die selbst Opfer des Regimes sind – die jungen Teheraner, die mit uns deutschen Bloggern mehr Gemeinsamkeiten haben als es unsere Regierungen für möglich halten.
Vielleicht wird der Fall „Derakhshan“ allerdings auch zum Fanal für die innerlich verweste Teheraner Machtelite. Das kanadische Aussenministerium ist bereits aktiv, will sich aber zu Detailfragen nicht äußern. Auch der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë hat bereits die französische Öffentlichkeit aufgefordert, alle „Energien zu mobilisieren“, um Hosseins Leben zu retten. Vielleicht ist dies der Stein, der eine zivilgesellschaftliche Lawine zum Rollen bringt. Dann wäre Hoders Leiden vielleicht doch nicht umsonst.
Jens Berger
P.s: Da Internetbewohner ja Petitionen so lieben, möchte ich natürlich auf die Petition zur Freilassung von Hoder hinweisen, auch wenn die Aktion – wie alle Petitionen – über bloßen Zweckaktionismus nicht hinausgeht. Um nicht vollkommen rat- und tatenlos dazusitzen, taugt eine solche Petition jedoch.
An dieser Stelle möchte ich auch auf zwei deutschsprachige Blogs hinweisen, die sich mit der Lage in Iran auseinandersetzen:
Julias Blog
Nic Bloghaus II
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