Ist so kalt der Winter…
… aber die Abschiebungen in den Kosovo gehen weiter
PRO ASYL und Landesflüchtlingsräte fordern einen Winter-Abschiebestopp für Kosovo-Minderheiten
Der frühe und harte Wintereinbruch legt große Teile Deutschlands lahm. Dies gilt jedoch nicht für den Abschiebungsbetrieb. Für den 7. Dezember 2010 ist eine Sammelabschiebung von Roma, Ashkali und Ägyptern in den Kosovo geplant, zwei Tage später geht es nach Serbien. Für die Angehörigen der Kosovo-Minderheiten bedeutet die Landung in Pristina in den meisten Fällen, den Winter in kaum beheizbaren Behelfsunterkünften oder - so es Angehörige gibt - in überfüllten Wohnungen überstehen zu müssen.PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte halten die Abschiebungen von Minderheiten in den Kosovo nicht für vertretbar, führen sie doch bislang bereits in ein perspektivloses Leben am Rande der Müllkippen. Umso mehr gilt dies für Abschiebungen im Winter. Das absolute humanitäre Minimum ist ein Abschiebungsmoratorium für die Wintermonate und die Stornierung der anstehenden Sammelabschiebungsflüge.
Nordrhein-Westfalen hat mit einem Erlass vom 1. Dezember 2010 Abschiebungen von Minderheitenangehörigen nach Serbien und in den Kosovo bis Ende März nächsten Jahres ausgesetzt. Dennoch sollen offenbar Abschiebungsflüge mit Betroffenen aus anderen Bundesländern von nordrhein-westfälischen Flughäfen aus starten.
Nach Informationen der Flüchtlingsräte der Bundesländer befinden sich unter den für die geplanten Sammelabschiebungen angemeldeten Menschen auch Angehörige besonders vulnerabler Gruppen: Alte, Kranke, Alleinerziehende, Familien mit Kindern.
Mit der Weiterführung der Minderheitenabschiebungen in den Kosovo ignorieren die Innenminister die entgegenstehend dringenden Empfehlungen und Forderungen aller relevanten Nichtregierungsorganisationen sowie diverser UN-Institutionen, solche Abschiebungen in Elend und Perspektivlosigkeit nicht vorzunehmen.
Quelle: PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.. - Pressemitteilung vom 06.12.2010.
http://www.cuba.cu/gobierno/reflexiones/2010/ale/f120910a.html
Reflexionen des Genossen Fidel
Die grenzenlose Scheinheiligkeit des Westens
Auch wenn es vor dem 1. September 2010 und danach Artikel zum Thema gegeben hat, so war es doch an jenem Tag, als die Tageszeitung La Jornada von Mexiko einen unter dem Titel „Der Holocaust der ‚Zigeuner’: gestern und heute“ veröffentlicht hat, der einen großen Eindruck hinterlassen hat und eine echt dramatische Geschichte in Erinnerung ruft. Ohne der gebotenen Information ein einziges Wort hinzuzufügen bzw. von ihr zu streichen habe ich die wörtlichen Zeilen seines Inhalt ausgewählt, die wirklich erschütternde Tatsachen widerspiegeln, über die der Westen und vor allem sein riesiger Medienapparat kein einziges Wort verlieren.
„Jahr 1496 - Blütezeit der humanistischen Ideen: Die Roma-Völker (‚Zigeuner’) von Deutschland werden zu Verrätern der christlichen Länder erklärt, zu Spionen auf Bezahlung der Türken, zu Trägern der Pest, zu Hexenmeistern, Banditen und Kindesentführern.
1710 – das Jahrhundert der Aufklärung und der Vernunft: Ein Edikt ordnet an, dass die erwachsenen Zigeuner von Prag ohne Gerichtsprozess aufzuhängen sind. Die Jugendlichen und die Frauen werden verstümmelt. In Böhmen wird ihnen das linke Ohr abgeschnitten. In Mähren das rechte Ohr.
1899 – Blütezeit der Modernen und des Fortschritts: Die Polizei von Bayern gründet die Sonderabteilung für Zigeunerangelegenheiten. Im Jahr 1929 wurde der Rang dieser Abteilung erhöht und sie wurde zum Landeszentrum erklärt und nach München verlegt. Sie lässt sich 1937 in Berlin nieder. Vier Jahre danach sterben eine halbe Million ‚Zigeuner’ in den Konzentrationslagern von Mittel- und Osteuropa.“
„In ihrer Doktorarbeit behauptete Eva Justin (Assistentin von Doktor Robert Ritter, von der Abteilung für Rassenforschung des deutschen Gesundheitsministeriums), dass das ‚Zigeuner’-Blut außerordentlich gefährlich für die Reinheit der deutschen Rasse sei. Ein so genannter Doktor Portschy schickte Hitler ein Memorandum, in dem er diesem anriet, die ‚Zigeuner’ der Zwangsarbeit zu unterwerfen und der Sterilisierung in großem Umfang, da sie die Reinblütigkeit des deutschen Bauerntums in Gefahr bringen würden.
Als Gewohnheitsverbrecher bezeichnet, wurden die ‚Zigeuner’ in großem Umfang gefangen genommen und ab 1938 wurden sie in den Konzentrationslagern von Buchenwald, Mauthausen, Gusen, Dautmergen, Natzweiler und Flossenburg in Sonderblocks interniert.
In dem in seinem Besitz befindlichen Lager in Ravensbrück schuf Heinrich Himmler, Gestapochef (SS), einen Ort zur Tötung der ‚Zigeuner’-Frauen, die medizinischen Experimenten unterworfen wurden. Es wurden 120 ‚Zigeuner’-Mädchen sterilisiert. Im Krankenhaus Düsseldorf-Lierenfeld wurden ‚Zigeunerinnen’ sterilisiert, die mit Nicht-‚Zigeunern’ verheiratet waren.
Weitere Tausende ‚Zigeuner’ wurden aus Belgien, Holland und Frankreich in das polnische Lager Auschwitz deportiert. In seinen Memoiren erzählt Rudolf Hoess (Kommandant von Auschwitz), dass sich unter den deportierten ‚Zigeunern’ fast hundertjährige Greise, schwangere Frauen und eine große Anzahl an Kindern befanden.
Im Ghetto von Lodz (Polen) […] hat keiner der 5.000 ‚Zigeuner’ überlebt.“
„In Jugoslawien wurden im Wald von Jajnice sowohl ‚Zigeuner’ als auch Juden hingerichtet. Die Bauern können sich noch an die Schreie der ‚Zigeuner’-Kinder erinnern, als diese an die Hinrichtungsorte gebracht wurden.“
„In den Vernichtungslagern war allein die Liebe der ‚Zigeuner’ zur Musik manchmal ein Trost. In Auschwitz, hungrig und voller Läuse, versammelten sie sich, um Musik zu machen und ermunterten die Kinder zum Tanzen. Aber ebenfalls legendär war der Mut der ‚Zigeuner’-Partisanen, die zum polnischen Widerstand im Gebiet von Nieswiez gehörten.“
Die Musik war derjenige Faktor, der bei ihnen den Zusammenhalt aufrecht erhalten hat, der ihnen das Überleben ermöglichte, so wie es bei den Christen, den Juden und den Muslimen die Religion gewesen ist.
La Jornada hat in einer Artikelserie seit Ende August die fast vergessenen Ereignisse darüber aufgefrischt, was mit den ‚Zigeunern’ in Europa geschehen ist, die – vom Nazismus geschädigt – nach den Nürnberger Prozessen von 1945-1946 dem Vergessen anheim fielen.
Die deutsche Regierung von Konrad Adenauer hat erklärt, dass die Vernichtung der ‚Zigeuner’ vor 1943 auf legale Politikrichtlinien des Staates zurückzuführen sei; die in jenem Jahr Geschädigten haben keinerlei Entschädigung erhalten. Robert Ritter, Experte der Nazis für die Vernichtung der ‚Zigeuner’, wurde freigelassen. Es war 39 Jahre danach, im Jahr 1982, als die Mehrheit der Geschädigten schon verstorben war, dass ihr Recht auf Entschädigung anerkannt wurde.
Über 75 Prozent der ‚Zigeuner’, die auf 12 bis 14 Millionen geschätzt werden, leben in Mittel- und Osteuropa. Nur im sozialistischen Jugoslawien von Tito wurden den ‚Zigeunern’ dieselben Rechte zuerkannt wie den kroatischen, albanischen und mazedonischen Minderheiten.
Das mexikanische Presseorgan bezeichnet die Massendeportation von ‚Zigeunern’ nach Rumänien und Bulgarien als „besonders ruchlos“, die von der Regierung Sarkozy – einem Juden ungarischer Abstammung – angeordnet wurde; das ist wörtlich die von jenem Organ gebrauchte Bezeichnung. Damit das nicht als eine Unehrerbietigkeit meinerseits angesehen wird.
In Rumänien wird die Anzahl der ‚Zigeuner’ auf zwei Millionen Menschen geschätzt.
Der Präsident jenes Landes, Traian Basescu, Verbündeter der Vereinigten Staaten und erlauchtes NATO-Mitglied, hat eine Journalistin als „ekelhafte ‚Zigeunerin’“ bezeichnet. Wie zu ersehen ist, eine äußerst feinfühlige Person mit einer höflichen Ausdrucksweise.
Die Website Univisión.com hat die Demonstrationen gegen die Ausweisung von ‚Zigeunern’ und die „Ausländerfeindlichkeit“ in Frankreich kommentiert. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete, sollen circa „130 Demonstrationen in Frankreich und vor französischen Botschaften mehrerer Länder der europäischen Union stattgefunden haben, und zwar mit Unterstützung dutzender Organisationen der Menschenrechte, der Gewerkschaften und von linken und Umwelt-Parteien“. Die umfangreiche Mitteilung erwähnt die Teilnahme solch bekannter Persönlichkeiten der Kultur wie Jane Birkin und der Cineastin Agnes Jaoui, und erinnert dabei daran, dass erstere „zusammen mit Stephane Hessel, dem ehemaligen Widerstandskämpfer gegen die Nazi-Besatzung von Frankreich (1940-1944), zu jener Gruppe gehörte, die sich anschließend mit Beratern von Eric Besson, dem Einwanderungs-Minister getroffen haben.“
„‚Es war wie ein Dialog zwischen Tauben, aber es ist gut, dass er stattgefunden hat, um ihnen zu zeigen, dass ein Großteil der Bevölkerung angesichts dieser Ekel erregenden Politik in Wut gerät’, zeigte ein Sprecher des Netzwerks Bildung ohne Grenzen auf…“
Weitere Nachrichten zum dornigen Thema kommen aus Europa: „Das Europäische Parlament hat gestern bei einer angespannten Debatte Frankreich und Nicolas Sarkozy wegen der Repatriierung von Tausenden von rumänischen und bulgarischen ‚Zigeunern’ [öffentlich] an den Pranger gestellt. Hierbei wurde die Haltung von José Manuel Durão Barroso und der Kommission wegen ihres scheinbaren Kleinmuts und weil sie die Entscheidungen von Paris nicht als illegale und dem Gemeinschaftsrecht widrige verurteilt haben, als skandalös und lächerlich bezeichnet“, berichtete El País.com in einem Artikel von Ricardo Martínez de Rituerto.
Die Tageszeitung La Jornada hat in einem weiteren ihrer Artikel die beeindruckende soziale Angabe veröffentlicht, dass die neonatale Sterblichkeitsrate der ‚Zigeuner’-Bevölkerung neunmal höher als die durchschnittliche europäische ist, und dass die Lebenserwartung knapp über 50 Jahren liegt.
Schon vorher, am 29. August, hatte sie mitgeteilt, dass „Sarkozy darauf bestehen bleibt, hunderte von Bürgern von Bulgarien und Rumänien – d.h. europäische Bürger – unter dem Vorwand des angeblichen ‚kriminellen’ Charakters dieser Bürger auszuweisen und zu deportieren, obwohl es nicht an Kritik gefehlt hat, sowohl seitens der Einrichtungen der Europäischen Union (EU), als der katholischen Kirche, der UNO und einer Fülle von verschiedenartigen Migranten-freundlichen Organisationen.“
„Es ist schwer zu glauben, dass es noch im Jahr 2010 – nach der schrecklichen Vergangenheit von Europa auf dem Gebiet des Rassismus und der Intoleranz – möglich ist, eine gesamte Ethnie durch ihre Kennzeichnung als soziales Problem zu kriminalisieren,“ schließt La Jornada.
„Die Gleichgültigkeit bzw. sogar Zustimmung angesichts der Aktionen der französischen Polizei heute, der italienischen gestern, mehr noch der europäischen im Allgemeinen, verschlägt dem größten Optimisten unter den Analytikern die Sprache.“
Während ich diese Reflexion verfasste, erinnerte ich mich plötzlich daran, dass Frankreich die dritte Atommacht des Planeten ist, und dass Sarkozy ebenfalls einen Koffer mit den Codes besitzt, um eine der über 300 Bomben abzuwerfen, die er besitzt. Hat es etwa irgendeinen moralischen und ethischen Sinn, einen Angriff auf den Iran zu starten, den sie wegen der angeblichen Absicht verurteilen, eine Waffe dieser Art herstellen zu wollen? Wo sind denn die Vernunft und die Logik dieser Politik?
Nehmen wir einmal an, dass Sarkozy plötzlich durchdreht, wie es scheinbar inzwischen der Fall ist. Was würde in diesem Fall der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit Sarkozy und seinem Koffer machen?
Was wird geschehen, wenn die französische äußerste Rechte beschließt, Sarkozy zu zwingen, eine rassistische, im Widerspruch zu den Normen der Europäischen Gemeinschaft stehende Politik beizubehalten? Könnte der Sicherheitsrat der UNO diese zwei Fragen beantworten?
Der Mangel an Wahrheit und das Vorherrschen der Lüge sind die größte Tragödie in unserem gefährlichen Atomzeitalter.
Fidel Castro Ruz
12. September 2010
18:57 Uhr
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