Mit Streumunition auf Taliban- und Terroristenjagd
Von Otfried NassauerDie Meldung war geheim und durfte nicht an Ausländer weitergegeben werden. Sie beschreibt, wie amerikanische Soldaten der Task Force 373 am 17. Juni 2007 versuchten, Abu Laith al Libi auszuschalten, einen Libyer, der al-Kaida zugerechnet wird. Er befand sich angeblich auf einem Gehöft in Ostafghanistan.
Das Vorgehen der Task Force war bemerkenswert: Bevor die Spezialkräfte das Gehöft stürmten, beschossen sie es aus sicherer Entfernung mit einem weitreichenden Raketenwerfer vom Typ HIMARS. Der feuerte eine Salve von fünf Raketen ab und zerstörte die Gebäude. Den Einsatz des Raketenwerfers bezeichnet die Meldung als besonders schützenswerte Information. Kein Wunder, denn dieser Werfer verschießt Raketen mit Streumunition. Fünf verschossene Raketen, das bedeutet: Mindestens 2.000 kleine, hochexplosive Sprengkörper kamen zum Einsatz. Das völkerrechtliche Verbot solcher Munitionen trat am 1. August 2010 in Kraft. Die USA haben es nicht unterzeichnet.
Al Libi entkam dem Angriff. Zurück blieben die Leichen von sieben Kindern - sogenannte "Noncombatants - Killed in Action" und sechs Erwachsene, die die US-Streitkräfte in ihrem Bericht allesamt als feindliche Kämpfer bezeichneten.
Mittlerweile hat die Bundeswehr Bekanntschaft mit der Task Force 373 gemacht, die seit Herbst 2009 auch aus den deutschen Feldlagern in Mazar i Sharif und Kunduz operiert. Seit Monaten versucht der Grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele zu klären, wie die Zusammenarbeit der Bundeswehr mit dieser Task Force aussieht. Ein mühsames Geschäft.
Zunächst hieß es, die Bundeswehr werde lediglich informiert, wo die Task Force operieren wolle, kenne aber weder Details noch Operationsziele. Nach tödlichen Einsätzen vor allem im Raum Kunduz musste bald darauf eingeräumt werden, dass die Einheit im Bundeswehrgebiet eigenständig Jagd auf Talibanführer macht. Dann wurde zugegeben, dass es Listen von Zielpersonen gebe, die von der Task Force gefangen genommen oder getötet werden sollen - sogenannte Joint Prioritized Effect Lists. Das aber geschehe alles im Rahmen der Operation Enduring Freedom, an der die Bundeswehr nicht mehr beteiligt sei. Zugleich betonte das Verteidigungsministerium, dass Spezialkräfte der Bundeswehr aufgrund eines nationalen Vorbehaltes gegen die Einsatzregeln (caveat) Talibanführer nur gefangen nehmen, nicht aber töten sollen. Das aber setzt voraus, dass auch für solche Einsätze Listen mit Zielpersonen existieren, die - sollte es bei einem Festnahmeversuch zu Gegenwehr kommen - natürlich auch getötet werden dürfen. In den letzten Juli-Tagen schließlich schloss man auch nicht mehr aus, dass Zielpersonen auf der ISAF-Liste auch auf den Listen der Task Force 373 vorkommen. Das liegt in der Tat ziemlich nahe, denn die Listen der Task Force werden ja als "Joint" bezeichnet.
Am 1. August schließlich begann Verteidigungsminister zu Guttenberg in einem Interview mit dem Fernsehsender Phoenix mit der Vorwärtsverteidigung.
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http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/006449.html
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