Altersarmut in Deutschland
01.11.10
Es gibt sie nicht erst seit gestern, die Altersarmut und es gibt sie auch nicht erst seit Einführung von Hartz IV. Altersarmut gibt es im Grunde genommen schon immer, nur schwiegen die Betroffenen, sie schweigen bis heute.
Es betrifft in erster Linie wieder die Frauen. Noch immer, bis in unsere heutige Zeit benachteiligt, wenn es um Lohnzahlungen geht, somit auch weniger in die Rentenkassen eingezahlt wurde. Bis zu 20% weniger Verdienst für Frauen (bis heute!) für die selbe Arbeit wie von Männern geleistet.
Frauen finden sich aber auch häufiger in Nebenjobs und Halbtagsstellen, da es ihnen oftmals so möglich war und ist, Familie und für die Aufstockung des Lebensunterhalts beizutragen und zu sorgen.
Sowohl die geringere Bezahlung als auch die Nebentätigkeiten rächen sich später bei der Auszahlung der Rente. Hier wieder besonders betroffen: Witwen.
Sie sprechen nicht darüber, leiden still vor sich hin, schränken sich ein, bis es nicht mehr geht. Frauen im Alter ab 70 Jahre wurde noch das Bild der demütigen Frau anerzogen. Da wird nicht gejammert, da geht man durch. Man darf hier nicht vergessen, dass diese heute alten Frauen von ihren Müttern erzogen wurden, die wiederum den zweiten Weltkrieg (in den meisten Fällen auch den 1. Weltkrieg) überlebt haben.
Trümmerfrauen nannte man diese Frauen. Sie waren es, die Deutschland aufgebaut haben, das wird oft und gerne vergessen, denn eben diese Frauen wurden später bei der Einführung, des Kindergeldes und der Berechnung der Erziehungsjahre auf die Rente ausgeschlossen. Es ist nicht selbstverständlich, dass Kindererziehung auf die Rente angerechnet wird, dafür haben sich Frauen stark gemacht, in einer Zeit als Frau noch Frau war und für ihre Rechte noch kämpfte.
Und wie sieht das heute aus? Da ist es nicht besser um deren Töchter bestellt. Schon gar nicht, wenn sie zu denjenigen Frauen und Müttern zählen, die einst das Einkommen des Mannes durch kleine Nebenjobs mit aufgebessert hatten, neben der Kindererziehung und der Haushaltsführung.
Sind sie verwitwet und leben mit ihrer Minirente noch in den vier angemieteten Wänden, welche sie sich einst mit ihrem Ehemann liebevoll eingerichtet hatten, so wird oft die nächste Mieterhöhung schon zur Katastrophe.
Eine 72jährige Rentnerin, verwitwet lebt in einer kleinen vier Zimmerwohnung von 75qm. Hier lebte sie Jahrzehnte lang mit ihrem Mann, hier wurden die Kinder groß gezogen, wurde nach dem Auszug der Kinder die Wohnung nach und nach liebevoll eingerichtet, wenn die Kinder erst einmal aus dem Haus sind, können wir uns endlich auch mal was leisten. Aber das Glück hielt nicht lange, noch vor der Rente verstarb ihr Mann im Alter von 57 Jahren. Die Rente fällt klein aus, denn einer Witwe stehen hier nur 65% von der Rente des Mannes zu. Diese beträgt jedoch auch nur 70%, und wenn man vorzeitig stirbt, werden die noch fehlenden Jahre, die man(n) hätte noch einbezahlen müssen, um auf die volle Rente zu kommen, abgezogen. Da bleibt selbst nach einem arbeitsreichen und fleißigem Leben nicht viel übrig.
Gab es vor Hartz IV noch das sogenannte Wohngeld und auch zweimal im Jahr Kleidergeld, ist diese Unterstützung heute nicht mehr, bzw. nur noch eingeschränkt möglich.
Da sich alles an den Hartz IV Sätzen berechnet, darf eine alleinstehende Person, wenn sie zwar eigenes Geld hat, hier in Form von Rente, nur in einer Wohnung bis 55qm leben, dies ist jedoch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt, wenn sie Unterstützung benötigt.
Nun möchte ich Ihnen die Unterstützung unseres Sozialstaates gerne anhand dieser alten Dame erläutern. Sie bekommt keinen Wohngeldzuschuss, weil ihre Wohnung zu groß ist, sie muss, um ein bisschen Hilfe zu erhalten, sich eine kleinere Wohnung suchen. Wie sie das mit ihren 72 Jahren wuchten soll, eine neue Wohnung suchen, dem Rahmen angemessen und einen Umzug zu organisieren, wurde ihr nicht „verraten“. Das sind halt jetzt so die Vorgaben, die Gesetze.
Nun versetzen Sie sich einmal in diese alte Frau. Ihr bleiben nach Abzug aller Kosten, wobei der Hauptanteil die Miete ausmacht, die im übrigen noch niedrig ist- sie würde eine zwei Zimmer Wohnung für das selbe Geld auf dem freien Wohnungsmarkt finden, jedoch wesentlich kleiner und ihre Möbel würden da auch nicht alle rein passen-, bleiben ihr zum Leben zwischen 150 und 180 Euro im Monat, zum Überleben. Aber schon ist wieder beschlossene Sache, dass die Mieten erneut erhöht werden dürfen.
Außerdem ist sie chronisch krank, hat zweimal den Krebs überlebt und muss trotzdem immer mal wieder einen neuen Freistellungsantrag bei der GEZ stellen, als ob ihre 100% durch den Krebs entstandene Behinderung sich noch einmal bessern würde. Den Besuch beim Arzt schiebt sie meist auch auf die lange Bank, denn hier muss sie nicht nur die 10 Euro Praxisgebühr bezahlen, sondern für ihre Medikamente muss sie ebenfalls die anfallenden Zuzahlungen leisten – von was? Selbst mit Freistellungsantrag bei der Krankenkasse müssen erst einmal Leistungen bezahlt werden, bis der Freistellungsbetrag greift. Woher nehmen?
Und muss man einer 72-Jährigen ernsthaft noch einmal einen Umzug zumuten…?
Oder die alte Dame, ebenfalls 72 Jahre alt, die ihren Mann 20 Jahre lang zu Hause gepflegt hat, er erlitt mehrere Schlaganfälle, für einen Pflegeaufenthalt war kein Geld da, als sie aufgrund ihrer kranken Hüfte sich hätte ein neues Hüftgelenk einsetzen lassen müssen. Als ihr Mann verstorben war, und sie endlich die Operation machen lassen wollte, wurde ihr gesagt, sie sei zu alt für eine solche Operation. So quält sie sich durch ihren Alltag….
Das sind nur zwei Beispiele, wie es einem ergeht, wenn man in Deutschland, alt, arm und krank ist.
In Berlin ist die Altersarmut sichtbar, denn sehr viele ältere Mensche, deren Rente nicht reicht, wenden sich bereits an die Tafel, manche aber greifen auch schon mal in den Abfalleimer. Am Alexanderplatz kann man dies jeden Tag beobachten. Ich sehe es ebenfalls, wenn ich zum Einkaufen gehe, es gehört schon zum Stadtbild, ich finde es einfach nur ganz, ganz schlimm und traurig. Denn es fassen Menschen in die Abfallkörbe, wo sie denken, sie laufen daran vorbei, dann der Schwenk zum Abfallkorb, die Hand langt rein und irgendetwas wird heraus gezogen, ob eine Flasche, für die man vielleicht noch Pfand bekommen kann oder aber, ja oder aber das Brötchen mit der Wurst drauf, was ein satter Bürger eben gerade da hineingeworfen hat. Kein Sciencefiction. Realität.
Und was in Berlin seinen offensichtlichen Anfang hat, wird sich über Gesamtdeutschland ausbreiten, wenn nicht bald eine soziale Politik wieder zu ihren Wurzeln findet.
Anstatt den Euro zu stützen, worauf die Sparmassnahmen nämlich zurückzuführen sind, stützt endlich die Menschen, die es brauchen, oder seid ihr wirklich schon so abgebrüht, dass ihr über Leichen geht….
Mir fällt hierzu einfach nichts mehr ein…
Ihre
Petra Hanse
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