Papa, Matze hat gesagt… – Heute: Die verpasste Chance
Vater und Sohn im Zwiegespräch
Als letzte Woche ein Teil der Regierungsmannschaft auf die glorreiche Idee kam, arbeitslose Lehrer könnten doch Nachhilfe für Hartz IV-Kinder geben, und das kostenlos, da wurde ich unwillkürlich an „die Tafeln“ erinnert. Die Regierung streicht nämlich mit Vorliebe an der untersten Einkommensschiene Gelder, dort, wo es am dringendsten benötigt wird, und verlässt sich dann auf die Bevölkerung, dass diese helfend, und kostenlos, einspringt. Wobei gesagt werden muss: die Regierung kann sich noch auf das Volk verlassen. Noch! – Umgekehrt sieht es schon erheblich gefährlicher aus und ist für das Volk immer mit Schmerzen verbunden.
Wenn dann noch dazu kommt, dass Volksabstimmungen z.B. zur Bildungspolitik, wie neulich in Hamburg, von der Lumpenelite manipuliert werden, wie immer mehr vermutet wird, dann werden die nächsten PISA-Studien noch verheerender ausfallen. Man merkt jetzt schon in vielen Foren, wo u.a. die Rechtschreibung von vielen inzwischen geblieben ist, und zwar auf der Strecke des Vergessens.
Dieses Thema hat sich auch der Sohn vorgenommen, als er wieder mal seinen Vater mit dem nervt, was der Vater von Matze gesagt hat. Dass der Vater Einspruch erhebt, ist genauso selbstverständlich wie dumm. Denn inzwischen müsste er eigentlich schon kapiert haben, dass er gegen diesem geballten „Und-Ich-Habe-Doch-Recht“ seines Sohnes immer den Kürzeren ziehen wird.
Na denn. Viel Spaß…
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SOHN: „Papa, Matze hat gesagt, sein Vater hat gesagt, das wär jetzt ‘ne tolle Gelegenheit für die Kinder!“
VATER: „Besten Dank für seine Anregungen. Aber die letzte „tolle Gelegenheit“ liegt schon seit Wochen oben auf deinem Schrank und verstaubt!“
SOHN: „Meinst du die Hanteln?“
VATER: „Ja, die meine ich. Die Hanteln, von denen du dir so aufsehenerregende Muskelbildung versprochen hast. Dreimal benutzt. Oder gar viermal?“
SOHN: „Die hat Mama mir doch weggenommen, als mir eine auf den Fuß gefallen ist. Weil sie nicht will, dass ich oben Muskeln hab und unten nicht mehr laufen kann.“
VATER: „Wie auch immer – ich geb jedenfalls für Matze’s Vaters Sonderangebotstipps kein Geld mehr aus.“
SOHN: „Du sollst doch garkein Geld ausgeben.“
VATER: „Wer denn?“
SOHN: „Der Staat.“
VATER: „Aha, wieder mal … und wofür?“
SOHN: „Für Lehrer.“
VATER lacht: „Für Lehrer? Gibt’s da auch schon Sonderangebote?“
SOHN: „Also Papa, weißt du denn nicht, dass wir tausend und tausend Lehrer übrig haben??“
VATER: „Das weiß ich allerdings – dass vor Jahren ganze Heerscharen von Studenten ihr Herz für Kinder entdeckt haben! Und nun gibt’s leider gar nicht so viele Kinder zum Unterrichten.“
SOHN: „Genügend Kinder schon … du darfst nur nicht die Migrantenkinder vergessen. – Und das ist doch gerade die Gelegenheit, sagt Matze’s Vater. Und die darf man jetzt nicht verpassen!“
VATER: „Die Gelegenheit wozu?“
SOHN: „Kleinere Klassen zu machen. Damit alle Kinder gut lernen können.“
VATER: „Alle Kinder würden auch nicht gut lernen, wenn bloß noch zehn in einer Klasse wären. Es wird immer begabte und weniger begabte Kinder geben. Das mal vorweg. Und außerdem …“
SOHN dazwischen: „Manche sind aber nicht weniger begabt. Der Ronny ist überhaupt nicht weniger begabt!“
VATER: „Wer ist denn Ronny?“
SOHN: „Einer aus meiner Klasse.“
VATER: „Und was ist mit dem?“
SOHN: „Der meldet sich nie. Der traut sich immer nicht.“
VATER: „Schüchterne Kinder hat es auch schon immer gegeben. Aber wenn er so begabt ist, dann wird er dafür ja gute Arbeiten schreiben.“
SOHN: „Nee, da ist er immer so aufgeregt.“
VATER: „Na so was – tja, dann muss er zum Ausgleich eben besonders gute und ordentliche Hausaufgaben abliefern.“
SOHN: „Kann er ja nicht. Bei ihm zuhause ist so ein Durcheinander, und er muss immer einkaufen und auf seine Schwestern aufpassen und alles.“
VATER: „Jaa, wenn da so ein Tohuwabohu herrscht – ich meine, wenn das so ungeordnete Familienverhältnisse sind, da kann ihm auch kein Lehrer helfen!“
SOHN: „Doch, gerade! Wir haben nämlich gehört, wie Herr Jussen zu Frau Wallner gesagt hat, dass er sich so gerne um den Ronny kümmern würde. Aber er weiß einfach nicht, wie er das schaffen soll.“
VATER: „Ja, und ich weiß es auch nicht! Und der Staat weiß es leider ebenfalls nicht! Der Staat muss nämlich spa-ren – falls sich das noch nicht herumgesprochen haben sollte! Und die Lehrer sind ja nicht die einzigen, die Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz zu finden.“
SOHN: „Aber du sagst doch immer, man darf nicht an der falschen Stelle sparen, erst recht nicht im sozialen- und im Bildungsbereich. – Außerdem hast du mir die teure Lederjacke gekauft, die ich garnicht haben wollte!“
VATER: „Diese Lederjacke wird lange halten und immer noch anständig aussehen. Das ist eine vernünftige Investition.“
SOHN: „Und Lehrer sind keine vernünftige Investition?“
VATER: „Jetzt werd’ mal nicht albern. Du wirst wohl noch den Unterschied zwischen einer Lederjacke und einem arbeitslosen Lehrer erkennen können, oder?“
SOHN: „Ja. Die Lederjacke hängt im Schrank und der Lehrer hängt auf der Straße und…“
VATER unterbricht zornig: „Ich muss mich nicht unbedingt mit dir unterhalten!!!“
SOHN: „Papa, ich red’ doch vom Sparen. Und Matze’s Vater sagt, im nächsten Jahr wollen die irgendwo sogar noch mehr Lehrer einsparen!“
VATER: „Wahrscheinlich sind da kaum noch zwanzig Kinder in jeder Klasse, und da muss man natürlich Klassen zusammenlegen.“
SOHN: „Wieso muss man denn? Mit zwanzig Schülern – Mann, da wär’s doch richtig gemütlich in der Schule!“
VATER: „In der Schule soll es nicht gemütlich sein, da soll gelernt werden!“
SOHN: „Kann man doch gerade besser lernen mit zwanzig. Weil es dann nicht so laut ist.“
VATER: „Auch bei 35 oder 40 Schülern hat es nicht laut zu sein! Und von einem Lehrer muss man erwarten können, dass er auch mit einer größeren Klasse fertig wird und jedem Kind das Nötige beibringt! Soviel Nerven muss ein Lehrer schon mitbringen.“
SOHN: „Herr Gruber hat aber keine Nerven mehr.“
VATER: „Und wieso nicht?“
SOHN: „Weiß ich doch nicht. Aber der ist schon ziemlich alt und zuckt immer so mit den Augen. Aber der darf noch nicht aufhören.“
VATER: „Wo kämen wir denn da auch hin, wenn jeder aufhören dürfte zu arbeiten, weil er ein kleines Lidzucken hat!“
SOHN: „Aber wenn doch so viele junge Lehrer da sind, mit ganz neuen Nerven?!“
VATER: „Ob sie da sind oder nicht – man kann sie nicht bezahlen. Ist das so schwer zu begreifen?“
SOHN: „Aber die Lehrer kosten doch auch Geld, wenn sie arbeitslos sind, oder?“
VATER: „Nicht, wenn sie sich schnellstens eine andere Arbeit suchen.“
SOHN: „Was denn für eine?“
VATER: „Irgendeine eben. Arbeit schändet ja bekanntlich nicht.“
SOHN: „Und welche Arbeit, wenn es garkeine gibt? – Oder sollen die vielleicht zu dir ins Finanzamt kommen? Wenn du da immer soviel zu tun hast …“
VATER: „Nein, da wären sie ja wieder im öffentlichen Dienst!“
SOHN: „Ja, was sollen sie denn dann machen?“
VATER fühlt sich langsam in die Ecke getrieben und öffnet seine Krawatte: „Also … dann müssen sie notfalls eben … nun … dann müssen sie … was weiß ich … eben ein Handwerk lernen.“
SOHN unbeirrt: „Dann nehmen sie doch wieder den Handwerkern die Arbeit weg.“
VATER: „Also … ja. – Hör mal zu: ich bin nicht das Arbeitsamt, wirklich nicht!“
SOHN winkt ab: „Egal. Jedenfalls – Matze’s Vater sagt, bevor die Lehrer anderen Leuten den Arbeitsplatz wegnehmen, sollte man lieber an die Kinder denken!“
VATER: „An die Kinder wird schon gedacht. Dafür sorgen sie schon selbst, dass man sie nicht vergisst.“
SOHN: „Wieso denn?“
VATER: „Indem sie Probleme machen! Indem sie sich hängenlassen! Indem sie sich mit ihren MP3-Playern volldröhnen und sich um Gott und die Welt nicht mehr scheren!“
SOHN: „Doch nicht alle.“
VATER: „Aber viel zuviele.“
SOHN: „Dann wäre das die Lösung und Matze’s Vater hat recht.“
VATER verwirrt: „Welche Lösung? Und wieso hat Matze’s Vater recht?!“
SOHN: „Ganz einfach: wenn nicht so viele in der Klasse wären, dann könnten sich die Lehrer eben besser um diese Kinder kümmern, weil sie mehr Zeit für sie haben. Und die arbeitslosen Lehrer würden wieder eingestellt werden, weil die Klassen nur noch halb so groß sind. – Herr Jussen hat gesagt, er würde am liebsten mal mit allen Eltern reden und …“
VATER verärgert: „Das ist überhaupt nicht seine Aufgabe. Sein Tätigkeitsfeld ist das Klassenzimmer. Immer noch.“
SOHN: „Für den Ronny kann er im Klassenzimmer aber gar nichts machen …“
VATER wütend: „Also hör jetzt endlich auf, auch mit diesem Jungen! Es geht nun mal im Leben nicht alles so, wie man es gern hätte! Herrgottnochmal – ist dir das nicht beizubringen???“
SOHN kichert
VATER: „Was gibt’s da zu lachen?!“
SOHN: „Weil du doch gesagt hast, mit 35 oder 40 Kids muß ein Lehrer schon fertig werden …!“
VATER: „Ja und?“
SOHN: „Und du flippst schon aus, wenn du bloß einem einzigen Kind was beibringen willst!“
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