Wir wollen töten… stört uns dabei nicht…
Veröffentlicht am 12/12/2009 von BlackHole
Die Affäre um den Luftangriff in Afghanistan nimmt eine neue Dimension an. Das Bundeskanzleramt soll vor dem Luftschlag ein schärferes Vorgehen der Bundeswehr gegen die Taliban gebilligt haben.
Nach Informationen von „Spiegel Online“ und der „Süddeutschen Zeitung“ sollten mit dem Bombardement nicht, wie bisher behauptet, hauptsächlich zwei entführte Tanklaster zerstört werden. Stattdessen hätte der für den Angriff verantwortliche deutsche Oberst Georg Klein eine Gruppe von Taliban und deren Anführer im Visier gehabt. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert aus dem Untersuchungsbericht der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF). „Er wollte die Menschen angreifen, nicht die Fahrzeuge“. Wie das Blatt weiter berichtet, eilten dem ISAF-Bericht zufolge 60 bis 80 Taliban und ihre Anführer vor dem Bombardement zu den Tanklastzügen. Die Anführer hätten ihre Leute sogar noch vor einem möglichen Angriff gewarnt, dem habe aber niemand Beachtung geschenkt. Die Zeitung schreibt weiter, Oberst Klein habe selbst in einem von ihm verfassten Bericht erklärt, die Taliban „vernichten“ zu wollen.
Das Kanzleramt und die Spitze des Verteidigungsministeriums sowie Regierungsvertreter, die mit der Koordination der Geheimdienste beauftragt waren, seien vor und nach dem Luftangriff von Anfang September in eine damals vereinbarte neue Eskalationsstufe in Afghanistan einbezogen worden, berichtet die „Leipziger Volkszeitung“ am Samstag (12.12.2009). Dabei sei es auch um die gezielte Zerstörung der Taliban-Führungsstruktur gegangen. Die „Leipziger Volkszeitung“ will aus dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam erfahren haben, dass sich der für den Angriff verantwortliche deutsche Oberst „nach diesen Regierungsvorgaben regelrecht ermutigt gefühlt haben“ dürfte, „einmal kräftig durchzugreifen“.
Die Bundesregierung hatte in der Vergangenheit erklärt, die Tanklastzüge seien angegriffen worden, weil eine Gefahr für die deutschen Truppen drohte. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages soll Klarheit bringen. Der Ausschuss konstituiert sich am kommenden Mittwoch. Bei der Bombardierung waren bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt worden.
Die Opposition nimmt neben Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nun auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Visier. „Ich mag eigentlich nicht glauben, dass die Bundeskanzlerin einer solchen Tötungsstrategie zugestimmt hat“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Die Bundesregierung müsse endlich ihr Schweigen beenden und umfassend informieren. Es müsse geklärt werden, was das Kanzleramt mit dem Verteidigungsministerium und den Geheimdiensten verabredet habe und was der Verteidigungsminister wirklich gewusst habe.
„Frau Merkel muss klären, ob eine Strategie des gezielten Tötens Bestandteil der Afghanistan-Politik der Bundesregierung ist – und, ob Kanzleramt, Bundeswehr und Nachrichtendienst diese neue Strategie gebilligt haben“, erklärten die Grünen-Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin. Linken-Chef Lothar Bisky sagte, Merkel müsse endlich die Karten auf den Tisch legen.
Das Bundeskanzleramt lehnte eine Stellungnahme zu den Berichten ab. Guttenberg sagte, es gehe hierbei um Vorgänge vor seiner Amtsübernahme und damit außerhalb seiner Verantwortung. Am Freitag hatte der Minister in Kundus eine umfassende Aufklärung des Luftangriffs und eine „größtmögliche Transparenz gegenüber dem Parlament und dem deutschen Volk“ zugesagt.
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