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Menschenrecht als Grundlage

Die Arbeit an diesem Blog bezieht sich auf menschenrechtliche Grundlagen.

-Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (Meinungsfreiheit)
-Art. 5 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (Informationsfreiheit)
-Art. 5 Abs. 1 S. 3 Grundgesetz (Pressefreiheit)
-Art. 5 Abs. 1 S. 4 Grundgesetz (Zensurverbot)
-Art. 19 Allgem. Erkl. der Menschenrechte sowie Art. 19 Uno-Zivilpakt (Meinungs- und Informationsfreiheit auch Staatsgrenzen überschreitend)
-Art. 1 von Uno-Resolution 53/144 (schützt das Recht, sich für die Menschenrechte zu engagieren)

Trotzdem sehe ich mich dazu gezwungen, gewisse Kommentare zu überprüfen, und gegebenenfalls nicht zu veröffentlichen. Es sind dies jene, die sich in rassistischer Weise gegen andere Menschen richten - gewalttätige Inhalte enthalten - Beschimpfungen, etc. Derlei Inhalte kann ich nicht damit vereinbaren, dass sich dieses blog für Menschenrechte einsetzt - und zwar ausnahmslos für alle Menschen.

Mein Blog ist ab 18 Jahren, denn ab da kann man voraussetzen, dass der Mensch denkt...

...und ausserdem nicht mehr mit den Umtrieben der Ministerin von der Leyen gegen Websiten in Schwierigkeiten kommt, wenn er einen blog lesen will.

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Sonntag, 31. Januar 2010

Durchgeknallte Realtitätsverweigerung


http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Afghanistan/baf-10-01.html


"Die Bundesregierung weigert sich weiterhin, die Realitäten des Afghanistan-Krieges zur Kenntnis zu nehmen"

Friedensratschlag kommentiert die jüngste Regierungserklärung der Bundeskanzlerin: "'Strategiewechsel' ist ein Rohrkrepierer"

Im Folgenden dokumentieren wir eine Stellungnahme des Bundesausschusses Friedensratschlag zur Regierungserklärung der Bundeskanzlerin, die sie am 27. Januar 2010 im Bundestag abgegeben hatte.

Friedensratschlag: Bundesregierung lügt weiter für den Krieg

Stellungnahme des Bundesausschusses Friedensratschlag

Eine Milliarde für den Krieg

Bundesregierung beteiligt sich an Eskalation des Afghanistan-Krieges
  • Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel verklärt die Lage
  • Es geht um Ausweitung des Bundeswehrkampfeinsatzes
  • Was die Kanzlerin verschweigt
  • Rede an die Heimatfront; Bevölkerung nicht überzeugt
  • Friedensbewegung geht aus die Straße
Kassel, Hamburg, Berlin, 28. Januar 2010 - Auf die gestrige Regierungserklärung der Bundeskanzlerin antwortet der Bundesausschuss Friedensratschlag mit einer kritischen Stellungnahme. Fazit des 7-Punkte-Papiers: Die Bundesregierung hat die Eskalation des Krieges am Hindukusch mit zu verantworten.

Die Bundesregierung hat ihre Marschrichtung vor der Londoner Konferenz festgelegt: Es wird sowohl die bereits vorher angekündigte Truppenerhöhung (von 4.500 auf 5.350) als auch eine Aufstockung der Mittel für den zivilen Aufbau (von 250 auf 430 Mio. EUR) geben. Hinzu kommt die Erhöhung der Zahl der Polizeiausbilder (von 123 auf 200).

Hinter diesen Zahlen verbirgt sich jede Menge Sprengstoff:

1) Die Bundesregierung weigert sich weiterhin, die Realitäten des Afghanistan-Krieges zur Kenntnis zu nehmen. Anstatt die Lage am Hindukusch entwicklungspolitisch zu verklären (es gab "manche Fortschritte"), hätte es einer schonungslosen Bilanz des über acht Jahre dauernden Krieges bedurft. Diese Bilanz liest sich anders als Merkels Schönfärberei:
  • Keine signifikante Veränderung der Lage der Frauen,
  • kein Fortschritt bei der Alphabetisierung (im Gegenteil: 36,5 % der afghanischen Bevölkerung sind heute Analphabeten, 2001 waren es 34 %),
  • zügige Rückkehr der Taliban-Herrschaft in der Fläche (laut Londoner Forschungsinstitut ICOS werden 2009 80 % des Landes von Taliban kontrolliert, 2007 waren es erst 54 %),
  • Armut und Hunger haben laut UN-Berichten erschreckende Ausmaße angenommen (Unterernährte Bevölkerung von 30 auf 39 % gewachsen, Armutsbevölkerung von 33 auf 42 %),
  • Anstieg der Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen von 26 % auf 47 %.
Das einzige, was wirklich blüht in Afghanistan, sind die Mohnfelder und die Korruption. Bischöfin Margot Käßmann hatte Recht, als sie in ihrer Neujahrsansprache sagte: "Nichts ist gut in Afghanistan."

2) Die Kanzlerin begründet die Erhöhung des Bundeswehrkontingents mit der Notwendigkeit, den Schutz der Bevölkerung im Norden des Landes "gemeinsam mit afghanischen Kameraden" zu verstärken. Dahinter verbirgt sich die Übernahme der US-amerikanischen und britischen Praxis, afghanische Soldaten zu Ausbildungszwecken in den Kampf zu schicken - unter Begleitung von NATO-"Ausbildern". Ergebnis wird sein, dass der Krieg auch in den Nordprovinzen weiter eskaliert, die Bundeswehr häufiger in Gefechte verwickelt wird. Kein Wort darüber aus dem Mund der Kanzlerin!

3) Bundeskanzlerin Merkel verschweigt auch den Beschluss des NATO-Oberkommandierenden McChrystal, wonach 5.000 US-Soldaten zusammen mit 48 Hubschraubern zur Verstärkung in die Nordregion verlegt werden und "unter das Kommando des von Deutschland gestellten Regionalkommandeurs in Mazar-i-Sharif gestellt werden" sollen. Im Klartext heiß das nämlich, dass mit einer Ausweitung der Kampftätigkeiten in den ehemals "ruhigen" Gebieten zu rechnen ist. Das verstärkte Bundeswehrkontingent dient also nicht dem besseren Schutz der Zivilbevölkerung, sondern dem US-amerikanischen Modell der Aufstandsbekämpfung (counter-insurgency), das schon bisher ebenso verlustreich (v.a. für die Zivilbevölkerung) wie erfolglos geblieben ist.

4) Die Aufstockung der Polizeiausbilder (von 123 auf 200 Polizisten) wäre nur dann vernünftig, wenn sichergestellt wird, dass die ausgebildeten afganischen Polizisten ihren Dienst auch nach Recht und Gesetz ausüben würden. Dies war bisher nur in Ausnahmefällen so. Ein Großteil der afghanischen Polizisten läuft auf die Seite der Taliban über oder lässt sich von lokalen Warlords für ihre Zwecke und zur persönlichen Bereicherung einkaufen (z.B. für die "Straßenräuber-Abzockerei" an Checkpoints, wie der Bund Deutscher Kriminalbeamter in seiner jüngsten Stellungnahme formulierte). Davon abgesehen ließe sich die Ausbildung afghanischer Polizisten viel konstengünstiger in der Bundesrepublik durchführen.

5) Frau Merkel hat nichts über die Kosten des Krieges gesagt. Während sich die Ausgaben in den zurückliegenden acht Jahren auf insgesamt gut vier Mrd. EUR belaufen (pro Jahr im Durchschnitt also 500 Mio.), kostet der Einsatz in diesem Jahr bereits 830 EUR, mit dem erweiterten Bundeswehrumfang wird die Milliardengrenze pro Jahr überschritten. Es besteht also nach wie vor ein eklatantes Missverhältnis zwischen den Mitteln, die für den direkten Krieg, und den Mitteln, die für den - vermeintlichen - zivilen Aufbau ausgegeben werden.

6) Die Regierungserklärung ist insgesamt der hilflose Versuch, der Öffentlichkeit Fortschritte und Zukunftsverheißungen vorzugaukeln. Dazu gehört die "Abzugsperspektive", von der immer öfter geredet wird. Die Aussagen dazu waren aber mehr als vage: in den nächsten Jahren wolle man "Verhältnisse" schaffen, die es den Afghanen "ermöglichen" sollen, für ihre Sicherheit selbst zu sorgen. Wie kann man darauf hoffen, dass jetzt geschehen soll, was in mehr als acht Jahren Krieg nicht erreicht wurde!? Mit jeder Truppenerhöhung bisher haben sich auch die Widerstandsaktionen erhöht, ist die Sicherheitslage im Land weiter destabilisiert worden. Nur wer an Wunder glaubt, wird erwarten, dass sich diese Spirale nun plötzlich umkehrt.

7) Trotz geheuchelter "Abzugsperspektive" und chronischer Schönfärberei lässt sich die Bevölkerung kein X für ein U vormachen: Nach neuesten Erhebungen sind knapp 80 Prozent der Bevölkerung in Deutschland gegen die Erhöhung der Truppen; und vor zwei Wochen hatten sich in einer ARD-Umfrage 71 Prozent für einen schnellstmöglichen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan ausgesprochen. Die sanfmütig daher redende Dreieinigkeit von Merkel, Guttenberg und Westerwelle hat es längst aufgegeben, die Köpfe und Herzen der Afghanen zu gewinnen, sie versucht nur noch Ruhe an der Heimatfront herzustellen. Dazu müssen faustdicke Lügen (über die wirkliche Lage) und durchsichtige Informationslücken (Kunduz!) herhalten. Wie lange können Regierung und Bundestag die Wählerinnen und Wähler ungestraft belügen und täuschen?

Fazit und Ausblick:

Der von der Bundesregierung mit Blick auf die Londoner Konferenz versprochene "Strategiewechsel" ist ein Rohrkrepierer. In Afghanistan wird weiter Krieg geführt und gestorben; in Zukunft sogar noch mehr. Von zivilem Aufbau kann im Schatten des Krieges keine Rede sein. Statt einer "Afghanisierung" des Konflikts erleben wir eher eine "Amerikanisierung" der Kriegsführung - auch im "deutschen" Norden.

Dazu sagen die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung und die Friedensbewegung eindeutig NEIN. Die Änderung des Mandats für den Bundeswehreinsatz, die wohl Ende Februar im Bundestag beschlossen werden soll, darf nicht durchkommen! Dazu wird die Friedensbewegung zusammen mit vielen anderen sozialen Bewegungen am 20. Februar in Berlin ihre Präsenz zeigen und fordern: "Kein Soldat mehr! - Truppen raus aus Afghanistan!"

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Lühr Henken, Hamburg/Berlin
Peter Strutynski, Kassel


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