Auf besonderen Wunsch eines meiner Leser veröffentliche ich an dieser Stelle mal meine ganz persönliche Jobcenter-Chronologie. Eigentlich sollten die Jobcenter ja die Leute in Arbeit vermitteln. Eigentlich ... Ich will hier mal öffentlich machen, was mir selbst mit dieser Verfolgungsbehörde passiert ist. Ein Einzelfall bin ich dabei aber wohl nicht und vielleicht öffnet das ja einigen die Augen. Mit Vermittlung in Arbeit hat das nicht das Geringste zu tun - ganz im Gegenteil! Aber es hat sehr viel mit Herrenrassedenken, Unterdrückung, Schikane, Amtsmissbrauch, vorsätzlicher Verarmung und Demokratiezerstörung gemeinsam - und zwar bundesweit, mit System! Geschehen bei einem Jobcenter, das Schützt, Hilft und Gerecht ist ...
2003: Seit Jahren übe ich, Deutscher seit Geburt mit skandinavischem Familiennamen sowie u. a. gelernter Chemotechniker und Mikroprozessortechniker mit gut 80 Weiterbildungen, 35 Jahren Berufserfahrung, vier weiteren Berufsabschlüssen und rund 130 Publikationen in wissenschaftlichen Fachblättern (ergänzt durch drei Bücher) einen Job erfolgreich aus, als die Unternehmensleitung eine "Verschlankung" des Betriebes beschließt und alle über 45-Jährigen deswegen mit linken Methoden rausmobbt: "Kreatives Personalmanagement" nennt man das offiziell.
2004: Ich habe mich nicht rausmobben lassen (dickes Fell!) und erhalte deswegen zuletzt eine reguläre, vermeintlich "betriebsbedingte" Kündigung. Ich bin jetzt 46 Jahre alt.
2005: ALG-I-Bezug, dazu zahllose Bewerbungen (im Mittel fünf pro Monat), die aufgrund meines Alters abgelehnt werden. Keine Vermittlungsversuche seitens der BA.
02/06: Eintritt von Hartz-IV. Damit der Antrag überhaupt bearbeitet wird, muss dem Jobcenter Einsicht auch in die privatesten Lebensumstände (inklusive Kontoeinsicht) gewährt werden. Der Antrag wird mit der Begründung, dass meine Gattin eine halbtags tätige, kleine Beamtin ist, bereits bei der Einreichung zurückgewiesen. Ich lege Widerspruch ein. Zeitgleich wird meiner in Arbeit befindlichen Gattin eine Arbeitslosennummer zugeteilt und sie unmittelbar danach als "vermittelt" eingetragen - sie ist jetzt ja Mitglied der "Bedarfsgemeinschaft". So produziert man Vermittlungszahlen.
06/06: Nichts geschieht. Monatelang. Ich jobbe, teils schwarz, denn eine Alternative habe ich nicht. Geld vom Jobcenter kommt nicht. Über die Rechtsabteilung der Gewerkschaft (IGM) übe ich Druck aus. Ich erfahre, dass bereits doppelt eingereichte Unterlagen nochmals - da im Amt unauffindbar geworden - einzureichen sind. Dem Antrag wird stattgegeben - aber nur mit einem Minimalbetrag. Und nicht rückwirkend. Auch meine Bewerbungskosten werden nicht erstattet, da man mir das entsprechende Formular vorenthalten, ja mich nicht einmal über dessen Notwendigkeit informiert hat.
08/06: Für den Hartz-IV-Antrag bereits dreifach (!) eingereichte Unterlagen sind behördenintern schon wieder verschwunden und werden nun ein viertes Mal und mit Sanktionsandrohung angemahnt. Die bisherigen Anträge sind lt. Prüfung seitens der Gewerkschaft falsch berechnet worden und es laufen Widersprüche dagegen. Erst nach meiner Drohung, die Medien einzuschalten, werden Schreibtische "ausgemistet" und die Unterlagen finden sich - oh Wunder! - plötzlich wieder an. Auch wird den Widersprüchen (aufgrund meiner Ankündigung, notfalls die Medien einzuschalten) gegen die falsch berechneten Anträge statt gegeben. Widerum keine rückwirkende Zahlung der Differenzbeträge. Nur eine Teilerstattung bisheriger Bewerbungskosten. Ich schreibe dem Jobcenter eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Schlechtarbeit. Die Beschwerde wird mit der Begründung "zuwenig Personal" abgelehnt. Ich bewerbe mich als Mitarbeiter in eben diesem Jobcenter, da dort gerade Neueinstellungen anstehen. Die Bewerbung wird - trotz mehrfacher Nachfragen - ignoriert.
09/06: Ein vermeintliches "Beratungs- und Vermittlungsgespräch" artet zu einer beleidigenden Beschimpfungsorgie aus. O-Ton der Fallmangerin (FM): "Sie sehen aus wie ein drogensüchtiger Alkoholiker!/ Sie gehören zum alten Eisen!/ Was Sie bisher unternommen haben interessiert mich nicht; Sie haben sowieso alles falsch gemacht!/ Ihre Bewerbungsmappe ist der letzte Mist!" Das gesamte Gespräch ist eine einzige Schikane, in deren Verlauf die FM jegliche Vermittlung kategorisch ablehnt: Amtsmissbrauch pur! Mir wird diktiert, bei welchen Fotografen ich zu überhöhten Preisen Bewerbungsfotos machen lassen muss und ich argwöhne, dass die FM dabei eine Provision einstreicht. Weiterhin diktiert sie mir unter massiver Sanktionsandrohung a) die Beschaffung einer neuen Rechneranlage nebst erforderlicher Software zwecks geänderter Internetanbindung, b) die Erstellung einer Liste aller im Web verfügbaren Jobbörsen, die ich ihr binnen einer Woche zumailen soll und c) die ausschließliche Bewerbung auf im Internet ausgeschriebene Jobs bei gleichzeitigem Verbot der Bewerbung auf Jobs in Zeitschriften - womit eigene Bemühungen vorsätzlich torpediert werden. Alle damit verbundenen Kosten habe ich komplett selbst zu tragen. Ich schlucke diese Kröte zwar, verfasse aber eine weitere Dienstaufsichtsbeschwerde aufgrund von Amtsmissbrauch. Und ich muss mich hoch verschulden, um den Forderungen des Jobcenters nachkommen zu können.
10/06: Einladung zu einem "klärenden Gespräch" beim Leiter des Jobcenters. Ich gehe mit Zeugen hin, aber das tangiert ihn nicht im Geringsten. Die lt. FM als "letzter Mist" bezeichnete Bewerbungsmappe wird von ihm als "perfekt" bezeichnet. Er gibt zu, dass die FM wohl "ihre Kompetenzen geringfügig überschritten" habe - aber ich bleibe auf meinen durch die Jobcenterforderungen verursachten Schulden sitzen. Mir wird - vor Zeugen! - mitgeteilt, dass meine bislang falsch berechneten Hartz-Anträge nur aufgrund der Dienstaufsichtsbeschwerden und der Drohung mit den Medien korrigiert worden sind. Ich merke: Das Ganze hat System! Mir werden fünf schriftliche Bewerbungen monatlich aufgedrückt, wobei eine detaillierte Vorgabe erfolgt von a) dem zu verwendenden Mappentyp, b) den zu verwendenden Fotos, c) dem anzufertigenden Laserprint und d) dem zu verwendenden Papiertyp (100g/m², satiniert, gestrichen, mit Wasserzeichen). Damit kostet mich künftig eine Bewerbung 25 Euro, aber nur 4 Euro werden erstattet: Verarmung vom Amt befohlen. Auch das wird wieder mit Sanktionsandrohung kombiniert. Ferner sagt man mir binnen einer Woche die Vermittlung in eine ABM-Stelle zu, was sich aber als (vorsätzliche?) Lüge erweist. Mir wird ein neuer FM zugesagt - aber ich erfahre nicht, wer das sein soll.
11/06: Ich versuche, bzg. der vor Zeugen zugesagten ABM-Stelle noch einmal mit der Behördenleitung zu sprechen. Vergeblich und man verweist mich - da ich keinen Termin habe - der Räumlichkeiten. Ich teile dem Amt in Folge schriftlich mit, dass ich künftig alle Gespräche auf Band mitschneiden und jeden Schriftwechsel aufheben werde, um das als Material für ein Buch zu verwenden. Man nimmt das nicht ernst - nicht mein Problem. In Folge begleite ich als Zeuge andere ALG-II-Empfänger zu Gesprächen und werde jedes einzelne Mal noch vor Gesprächsbeginn hinaus geworfen. Man mag in den Jobcentern keine Zeugen. Ab sofort alle ein bis zwei Tage Kontrollanrufe, ob ich auch wirklich zuhause bin und für Vermittlungen zur Verfügung stehe. Nur wird nicht vermittelt ...
03/07: Ich werde extrem kurzfristig - binnen der kommenden zwölf Stunden - und fernmündlich zu einem "Vermittlungsgespräch" eingeladen. Der neue FM fordert die Präsentation der seitens seines Vorgesetzten als "perfekt" bezeichneten Bewerbungsmappe und kommentiert die wie folgt (O-Ton): "Was der Chef gesagt hat, ist mir scheißegal! Ihre Mappe ist der allerletzte Scheiß! Sie haben das so zu machen wie ich das will!" Im Gesprächsverlauf bin ich gezwungen, mir Beleidigungen und ungerechtfertigte Forderungen anzuhören - O-Ton: "Sie sind ein alter Sack! Sie sind hässlich, lassen Sie gefälligst Schönheitsoperationen machen! Verheiratet sind Sie zu unflexibel, lassen Sie sich scheiden, verkloppen Sie hier alles, kaufen Sie sich ein Wohnmobil und fahren Sie dahin, wo es noch Arbeit gibt - nach Dänemark zum Beispiel." So geht es noch einige Zeit weiter und mir werden monatlich 10 Bewerbungen unter Sanktionsandrohung aufgedrückt. Detail am Rande: Bis zu diesem Tag habe ich noch nicht ein einziges Jobangebot seitens des Jobcenters erhalten, mir selbst aber aus dessen Datenbank bereits 34 Jobs rausgesucht. Auf meine Frage nach den gesetzlichen Grundlagen einer derartigen Forderung wird gedroht (O-Ton): "Passen Sie bloß auf! Wer hier aufmuckt, den schicken wir gleich zur MPU und der ist ganz schnell weg vom Fenster!" Lt. Datenbank des Jobcenters bin ich übrigens weder Chemo- noch Mikroprozessortechniker und auch kein Deutscher, sondern vielmehr ein "ukrainischer Melker mit Elektrokenntnissen". Glücklicherweise kann der Datensatz korrigiert werden.
09/07: Bei zwei potenziell möglichen Stellen ist das Jobcenter als Ansprechpartner angegeben. Nachdem ich endlich die endlose Wartschleife hinter mich gebracht habe, verwehrt man mir mit der Begründung, ich sei zu alt zum Arbeiten, die Angabe der Arbeitgeberadressen. Zeitgleich habe ich einen Vorstellungs- und Probearbeitstermin in Süddeutschland, aber noch immer die täglichen Kontrollanrufe. Ich bitte daher den FM am Telefon um die Genehmigung, zu Vorstellungstermin und Probearbeit fahren zu dürfen. Das wird mir verwehrt. Job abgehakt. Mit anderen Worten: Das Jobcenter sichert sich seine Kundschaft!
12/07: Es ist mir durch Eigeninitiative gelungen, trotz der Behinderungen seitens der ARGE eine zeitlich befristete Arbeitsstelle zu bekommen. Drei Wochen vor Arbeitsantritt wird die ARGE darüber schriftlich in Kenntnis gesetzt. Offensichtlich zu spät - denn bei denen schleicht sich ein Berechnungsfehler ein, an dem ich selbst noch viel Freude haben soll. Dadurch gibt es enorm viel Papierkrieg. Man verlangt von mir u. a., das nach geleisteten Stunden berechnete Gehalt des kommenden Monats jetzt schon anzugeben. Ich telefoniere daraufhin mit der jetzt zuständigen Sachbearbeiterin ( SB ) und erläuterte ihr, dass einem doch schon der gesunde Menschenverstand klar machen müsste, dass es unmöglich ist, in die Zukunft zu sehen. Sie erwidert (O-Ton): "Gesunden Menschenverstand haben wir hier nicht. Wir haben Vorschriften und die müssen Sie erfüllen." Es schließt sich ein langer und unfreundlicher Briefwechsel an, weil ich angeblich meiner Kooperationspflicht nicht nachgekommen bin und deswegen sanktioniert werden soll - denn ich kann nun einmal nicht in die Zukunft sehen, wie es die Behörde verlangt!
03/08: Aufgrund des o. e. Rechenfehlers - dadurch entstanden, dass ich die Behörde mit drei Wochen Vorlauf angeblich "viel zu spät" informiert habe - erhalte ich für drei Monate Null Euro Hartz-IV (d. h. ich muss mich und meine Kinder davon privat krankenversichern, denn da meine Gattin Beamtin ist, gibt's keine Familienversicherung über ihre Krankenkasse) und danach im Monat 5,82 Euro. Ich leite die Sache an den Petitionsausschuss des Landtages mit der Bitte um schnellste Klärung weiter, bezeichne es als "Notfall".
04/08: Ich werde zum Unterzeichnen einer so genannten "Eingliederungsvereinbarung" (EGV) gezwungen. Unter Pflichten steht bei mir sehr viel. Unter den Leistungen der Behörde steht "Mithilfe bei der Arbeitssuche" - ergo ein Freibrief für's Nichtstun. Verweigere ich die Unterschrift, dann stellt sich die Behörde selbstherrlich per Verwaltungsakt den Freibrief für Untätigkeit aus und überzieht mich darüber hinaus obendrein noch mit Sanktionen. Ich habe dieses Pamphlet zähneknirschend unterschrieben, weil mir keine andere Wahl blieb.
05/08: Man bietet mir eine Qualifikation an - ich soll die deutsche Sprache erlernen. Aufgrund meines Familiennamens habe man nämlich von einem Migrationshintergrund ausgehen müssen. Ich verweigere die Teilnahme, weil es sich um reine Schikane handelt. Man sanktioniert mich runter auf 30%. Von den erhaltenen 5,82 Euro pro Monat (vgl. oben) bleiben damit nur 1,74 Euro Hartz-IV übrig. Ich frage die SB spöttisch, ob ich ihr davon einen Kaffee spendieren soll. Zeitgleich erscheint mein Buch "Fordern statt Fördern - Ein satirisches Märchen aus der Bananenrepublik Absurdistan" als E-Book im Gratis-Download und gedruckt nur auf Anforderung (d. h. ohne Gewinn für mich) beim Verlag BoD.
06/08: Mein ALG-II wird auf 90 Euro erhöht. War ein harter Kampf! Man bietet mir eine weitere Qualifikation an - Computer für Anfänger. Ich erkläre mich sofort dazu bereit und frage, was ich als Dozent bei diesem Kursus denn verdiene, da ich schließlich Mikroprozessortechniker gelernt und Jahrzehnte lang auf dem EDV-Sektor - u. a. als Systemadministrator, Programmierer und Webdesigner - gearbeitet habe. Die Antwort, höchst entrüstet: "Wieso geben? Sie sind Teilnehmer!" Ich frage nach dem Warum und erfahre, dass ich ohne Berufsabschluss doch völlig unqualifiziert bin. Ich frage, wieso man darauf kommt, dass ich keinen Berufsabschluss habe. Antwort: "Weil unser EDV-System alle Berufsabschlüsse vor dem Jahr 2000 nicht akzeptiert." Ich biete daraufhin - gegen Entlohnung - eine Reparatur dieses Murkssystems an, doch das wird abgelehnt. Erst als ich nochmals (!) Kopien meiner Berufsabschlusszeugnisse vorlege, sieht man von derart hirnrissigen Weiterbildungen ab und nimmt die Sanktion zurück. Plötzlich soll ich ein "Berufspraktikum" machen, um meine Qualifikation zu erhalten - ohne Entlohnung bei ortsansässigen Discountern Dosen in Supermarktregale einsortieren. In der sommerlichen Urlaubszeit - warum wohl gerade dann? Meine Frage, was das mit den Berufsbildern Chemo- und Mikroprozessortechniker zu tun haben soll, bleibt unbeantwortet und man sieht ein, dass das wohl nichts bringt, zumal ich bereit bin, deswegen vor Gericht zu gehen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist noch immer kein einziges Jobangebot seitens des Jobcenters gekommen, während ich selbst mittlerweile bei 300 Bewerbungen angelangt bin.
07/08: Im örtlichen Käseblatt ist zu lesen, wie großartig doch das betreffende Jobcenter arbeitet und wie beeindruckt unser zuständiges MdB von dieser Arbeit war. Ich wende mich schriftlich an das MdB und informiere ihn über die tatsächlichen Verhältnisse. Er lässt mir ausrichten, dass er sich so etwas nicht vorstellen kann. Es ergibt sich für mich ein Reichstagsbesuch und mit dem MdB wird ein Gesprächstermin vereinbart. Ordnerweise schleppe ich Belege mit - doch er hat überraschend keine Zeit.
08/08: Ich erhalte einen Brief des MdB - Mitglied der Partei, die sich "Sozialstaat Partout Demontieren" auf ihre Fahne geschrieben hat - in dem er den Wahrheitsgehalt meiner Angaben anzweifelt. Oder, kurz: Es kann nicht sein, was nicht sein darf und deswegen lüge ich! Mein Hartz-IV wird mit seltsamen Begründungen immer weiter gesenkt. Zwei von mir selbst vorgeschlagene Weiterbildungen (Biotechnologie und EDV) werden mit der Begründung (O-Ton) "Wir arbeiten bei Qualifikationsmaßnahmen nur mit Firma XYZ zusammen und die bieten das nicht an" abgelehnt.
09/08: Eines meiner noch schulpflichtigen Kinder bekommt, da Mitglied der "Bedarfsgemeinschaft", eine Vorladung vom Jobcenter hinsichtlich eines "Gesprächs über das Bewerberangebot". Kommt das Kind der Einladung nicht nach, dann werde ich sanktioniert. Dem Kind wird nahegelegt, ohne Abschluss die weiterführende Schule zu verlassen und Hartz-IV zu beantragen, da (O-Ton) "die Kinder von Hartz-IV-Empfängern intellektuell nicht leistungsfähig genug sind". Ich laufe Sturm und werde letztlich hinaus geworfen. Zeitgleich erhalte ich eine neue FM. Der bisherige FM soll - Gerüchten zufolge - aufgrund von sexueller Nötigung arbeitsloser Frauen entlassen worden sein. Keine Ahnung, ob das stimmt. Ich kann's mir aber gut vorstellen. Bei der neuen FM erfahre ich, dass ich jetzt lt. Datenbank des Jobcenters zum "Kfz-Sachverständigen Biologen" mutiert bin. Mein Gott - was daddeln die eigentlich den ganzen Tag über an ihren Playstations rum?!?
10/08: Meine in Festanstellung befindliche Gattin erhält als Mitglied der "Bedarfsgemeinschaft" eine Vorladung vom Jobcenter hinsichtlich eines "Gesprächs über das Bewerberangebot". Kommt sie der Einladung nicht nach, dann werde ich sanktioniert. Man legt ihr nahe, ihre Beamtenschaft und ihren Job aufzugeben und sich zwecks Vermittlung arbeitslos zu melden. Man will sie zur Unterschrift unter eine EGV zwingen, nach der sie a) den Tagespendelbereich nicht verlassen darf und b) täglich die Genehmigung eines SB braucht, um zur Arbeit fahren zu dürfen. Ich lasse daraufhin ein paar Verbindungen aus früherer Zeit spielen. Spiegel TV, RTL sowie ein paar Zeitungen interessieren sich für den Fall und haken im Jobcenter nach. Nach zwei Wochen rudert das Jobcenter zurück - angeblich ein "Verwaltungsfehler". Tatsächlich war es der Versuch, Sippenhaft durchzusetzen.
11/08: Das Jobcenter eröffnet gegen mich ein Verfahren wegen Sozialbetrugs aufgrund von (O-Ton) "verschwiegenen Einkünften in Höhe von Null Euro durch den Gratisdownload des sehr erfolgreichen Buches Fordern statt Fördern". Die Sache verläuft aber im Sande - vermutlich hat der zuständige Richter den Jobcenter-Beschäftigten selbst die MPU empfohlen ... Es handelt sich um reine, beabsichtigte Schikane. Oder, anders ausgedrückt: Um Psychoterror, weil einer nicht mitspielt und sich nicht kleinkriegen lässt!
02/09: Mein Hartz-IV wird weiter gesenkt; beträgt mittlerweile nicht mal mehr 50 Euro im Monat. Das Jobcenter zwingt meine Frau und mich unter Sanktionsandrohung, die Lohnsteuerklassen von 4/4 auf 3/5 ändern zu lassen. Nachdem meine Gattin geringfügig mehr heraus bekommt, wird hochgerechnet. Das Ganze zieht sich zäh wie Kaugummi hin. Viel Schriftverkehr, viele Gespräche. Inzwischen habe ich insgesamt drei Jobangebote seitens des Jobcenters erhalten - aber für Karteileichen, für schon seit langem besetzte Stellen.
07/09: Der Petitionsausschuss des Landtages hat entschieden - nach über einem Jahr in einem akuten Notfall! Und zwar entschied er, dass er in die Selbstverwaltung der Kommunen - der ja auch die Jobcenter unterliegen - nicht eingreifen darf. Allerdings sei die damalige Vorgehensweise des Jobcenters nicht korrekt gewesen und ich möge mich mit dem doch wegen "rückwirkender Abwicklung" in Verbindung setzen. Habe ich gemacht. Als erstes fragte man mich (O-Ton): "Wie konnten Sie das Vierteljahr ohne Geld denn überleben? Legal war das doch gar nicht möglich!" Dann bat man mich, die Petition zurück zu ziehen - was ich aber nicht tat. Das wurmte das Jobcenter mächtig, denn jetzt kamen die ob ihres Amtsmissbrauches in Erklärungsnot. Eine Nachzahlung der (vorsätzlich?) unterschlagenen Beträge habe ich aber nie gesehen.
09/09: Aber sie rächten sich. Sie rechneten aus, dass meine Gattin aufgrund der Steuerklassenänderung im Jahr 81 Cent zuviel verdient hätte. Oder, anders ausgedrückt: Bezogen auf die Bedarfsgemeinschaft lag ich monatlich um 6,75 Cent über der Hartz-IV-Grenze und hatte somit gar keinen Anspruch! Heizkosten, Schulfahrkarte für die Kinder usw. - all das interessierte die Behörde nicht. "Klagen Sie's doch ein, wenn Sie 'nen Prozess bezahlen können!" wurde mir empfohlen. Ich tat das nicht. Ich war froh, mit dieser Verfolgungsbehörde ab sofort nichts mehr zu tun haben zu müssen. Irgendwie würde das Leben schon weiter gehen ...
10/09: Doch damit noch nicht genug. Man forderte mich unter Strafandrohung auf, aufgrund des "fortgesetzten Sozialbetruges" die Hartz-IV-Bezüge für 2009 und 2010 zurück zu zahlen. In Raten. Das mache ich jetzt, fünf Jahre lang. Von den Null Euro, die ich erhalte. Die Null Euro, von denen ich auch die Krankenversicherung für meine Kinder und mich bestreite. Von denen ich lebe. Wir leben wahrhaft in einem Sozialstaat! Seither wird hier mal was gemuckelt, da mal was gemacht ...
Man könnte das alles für Satire halten, doch es ist wirklich passiert. Für viele - nicht alle - der in dieser Chronologie gemachten Aussagen gibt es schriftliche Belege. Einige davon habe ich auch schon auszugsweise hier im Blog veröffentlicht, weil die ganze Sache ja wirklich schier unglaublich zu sein scheint - ich habe jetzt aber keine Lust mehr, das einzeln rauszusuchen und zu verlinken. Oben links sitzt die Suchfunktion, soll jede(r) das selbst tun. Die beliebtesten Jobcenter-Tricks habe ich HIER schon mal beschrieben und das dürfte noch immer aktuell, mittlerweile aber wohl auch unvollständig, sein.
"Fordern statt Fördern" gibt es nach wie vor HIER im Gratisdownload oder alternativ HIER gedruckt zum Selbstkostenpreis. Man kann die Jobcenter nicht ernst nehmen. Tut man es, dann dreht man ab. Zwangsläufig. Absicht? Hinsichtlich der MPU-Drohung (s. o. - 03/07) ist man inzwischen fortschrittlicher und kostensparender geworden - HIER nachzulesen.
Fazit: Nach den Erfahrungen, die ich gemacht habe sowie angesichts der Tatsache, dass ich diesem Staat binnen 35 Berufsjahren 380.000 Euro an Arbeitslosenversicherung in den Rachen geschmissen und (alle Zeiten meiner Arbeitslosigkeit zusammengerechnet) wenn's hochkommt 27.000 Euro an Versicherungsleistungen zurück erhalten habe, fühle ich mich abgezockt und betrogen. Wenn ich dazu noch berücksichtige, dass die Zahlung der mir zustehenden Versicherungsleistung mit Beschimpfungen, Nötigung und Drohungen einher gegangen ist, dann kommt mir die Galle hoch.
Eine Demokratie haben wir längst nicht mehr. Dieser Staat knüppelt und knechtet diejenigen, denen jede Möglichkeit zur Gegenwehr vorsorglich genommen worden ist. Hartz-IV ist Menschenrechtsverletzung per Gesetz und jeder, der das befürwortet, ist unwählbar. Den noch nicht Betroffenen streut er Sand in die Augen. Die Medien zeichnen vom vermeintlichen Sozialstaat ein völlig falsches - weil im Sinne der Herrschenden verzerrtes - Bild.
Es bekommt längst nicht jeder Hartz-IV. Es bekommt auch längst nicht jeder den ALG-II-Höchstsatz. Hartz-IV auf Dauer gibt's auch nicht, da sorgen schon die Jobcenter für - so oder so. Und über das Konstrukt der "Bedarfsgemeinschaft" kann man Unmengen an Arbeitslosen gänzlich aus der Statistik heraus halten. Irgendwo im Web habe ich zu dieser "Dunkelziffer" mal die Angabe von 5 Millionen gefunden. Ich weiß nicht, ob diese Zahl stimmt - aber ich kann es mir gut vorstellen. Vielleicht sind es sogar noch mehr ...
Gleichgeschaltete Medien, belogene und betrogene Bevölkerung, Amtsmissbrauch, Behördenwillkür, Nötigung, Residenzpflicht, Arbeitszwang, Bespitzelung - all das hatten wir schon mal, nämlich im Dritten Reich. Wir haben es jetzt wieder, nur perfektionierter und versteckter. Die Demokratie liegt in ihren letzten Zuckungen. In den späten 1970ern hatten wir dafür einen Leitsatz, dem ich immer treu geblieben bin und auch treu bleiben werde:
"Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt!"