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Menschenrecht als Grundlage

Die Arbeit an diesem Blog bezieht sich auf menschenrechtliche Grundlagen.

-Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (Meinungsfreiheit)
-Art. 5 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (Informationsfreiheit)
-Art. 5 Abs. 1 S. 3 Grundgesetz (Pressefreiheit)
-Art. 5 Abs. 1 S. 4 Grundgesetz (Zensurverbot)
-Art. 19 Allgem. Erkl. der Menschenrechte sowie Art. 19 Uno-Zivilpakt (Meinungs- und Informationsfreiheit auch Staatsgrenzen überschreitend)
-Art. 1 von Uno-Resolution 53/144 (schützt das Recht, sich für die Menschenrechte zu engagieren)

Trotzdem sehe ich mich dazu gezwungen, gewisse Kommentare zu überprüfen, und gegebenenfalls nicht zu veröffentlichen. Es sind dies jene, die sich in rassistischer Weise gegen andere Menschen richten - gewalttätige Inhalte enthalten - Beschimpfungen, etc. Derlei Inhalte kann ich nicht damit vereinbaren, dass sich dieses blog für Menschenrechte einsetzt - und zwar ausnahmslos für alle Menschen.

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Samstag, 7. Mai 2011

Geht’s noch Frau Merkel, geht’s noch Herr Seehofer und Herr Westerwelle?

eigenes Fotoalbum

http://www.klaus-baum.info/2011/05/07/habe-soeben-den-anfang-der-monitor-sendung-vom-5-mai-2011-gesehen-es-geht-um-die-totung-bin-ladens/


Habe soeben den Anfang der Monitor-Sendung vom 5. Mai 2011 gesehen. Es geht um die Tötung Bin Ladens.

Mai 7th, 2011 · 2 Kommentare · Beitrag drucken Beitrag drucken

Westerwelle, Seehofer und Merkel werden nacheinander gezeigt, und sie sagen alle drei – unisono -: Wir freuen uns, dass Bin Laden tot ist.
Etwa zwei Minuten später hatte ich plötzlich eine Verbindung im Kopf, die mir gar nicht gefällt. Mit Verbindung meine ich eine Assoziation zur RAF. Die könnte verkündet haben: Wir freuen uns, dass Ackermann endlich tot ist. Geht’s noch Frau Merkel, geht’s noch Herr Seehofer und Herr Westerwelle? Sie reagieren wie Terroristen, die sich freuen, dass ein verhasster Gegner endlich tot ist. Euer Gemüt ist mindestens so einfach gestrickt wie das von RAF-Leuten?
Als Walter Rathenau ermordet wurde und als Robert Walser in Bern davon erfuhr, klatschte er vor Freude in die Hände. Walser berichtet das in seinem Räuberroman, dessen Erzählweise deutlich Spuren einer heraufziehenden, sich manifestierenden Schizophrenie aufweist. Was bei Walser noch eine lebendige Reaktion ist, wirkt bei Merkel, Seehofer, Westerwelle sprechpuppenhaft. Sie beherrschen die große Kunst, sich emotionslos zu freuen.
Um das Verhältnis zwischen Robert Walser und Walter Rathenau zu verstehen, hier ein Auszug aus meinem Walser-Essay:
ZITATOR: “Alles dreht sich heute um Wirtschaftlichkeit (….). Wirtschaftsfragen sind (…) in einem geradezu krankhaften Maß in den Vordergrund des Lebens getreten.”
SPRECHER: Das schrieb Robert Walser 1927 in einem Brief aus Bern an die mit ihm befreundete Frieda Mermet. Und es gehört zum Zynismus des neuen Jahrtausends, daß wirtschaftlich Verantwortliche erst dann ihre Bedenken über die Neonazis kundtun, wenn diese Ausländer angreifen und damit ausländische Experten, derer man bedarf, abschrecken, nach Deutschland zu kommen: Nicht der Humanismus motiviert den Einspruch, sondern man formuliert Bedenken, weil der Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet ist.
Walser schrieb in seinem Prosastück Pauli und Fluri:
ZITATOR: “Wenn sie einen armen Wehrlosen sehen, müssen sie über ihn herfallen; wenn sie einen Schwachen (…) sehen, müssen sie ihn peinigen.”
SPRECHER: Gemeint hatte Walser jedoch nicht Obdachlose, sondern jene Vertrauensseligen und Menschenfreundlichen, die es nicht gelernt haben, ihre Empfindsamkeit und ihre stark ausgeprägten empathischen Fähigkeiten hinter einer Maske der Abgebrühtheit und Härte zu verbergen. Und die Peiniger, von denen Walser spricht, sind keine Skinheads, sondern Gebildete und Wohlhabende seiner Zeit. Es sind, so Walser: “(die Dünkelhaften und Herablassenden, die) einen Schwachen (…) noch mehr schwächen (…) und ihm alles Vertrauen zu sich selber rauben”:
ZITATOR: (Ich sah, wie sie ihn quälten), “und ich sah noch mehr als das. Es war (…) ein marternder Anblick (…). Die ganze Abscheulichkeit und Grausamkeit der Menschen, dieser Bestien im Kleide der Gebildetheit, lag (…) vor meinen Augen. Wo ein(er) eine Schwäche, einen Mangel, eine Armut zeigte, weidet sich sogleich ein Rudel Unmenschen an des Mitmenschen Blöße. (…) Ich mußte mit ansehen, wie die bösartige Sippschaft, genannt zivilisierte Menschen (…), (den Wehrlosen) stichelte und quälte(;) und er (…) meinte in seiner Verblendung und Vertrauensseligkeit, in seiner Menschenfreundlichkeit und weichen, schrankenlosen Güte, daß die Qual, die er litt, von ganz woanders herkomme, als von denen, die er edel, fein und rechtschaffen glaubte. (…) (E)r meinte, er befinde sich im Freundeskreis, wo er (doch) umzingelt war von ausgemachten Schurken (…); (er) meinte (da), wo sie alle nur sein Verderben, sein Unglück und seinen Untergang in den Augen hatten, (daß) sie ihn zu fördern und aufzumuntern wünschten. Wo sie ihm schmeichelten, da versetzten sie ihm zugleich hinterrücks Hiebe, und wo sie taten, als versuchten sie ihn zu unterstützen, fügten sie ihm auf heimtückische Art Verletzung über Verletzung bei. (…) Es sah aus, als haßten sie ihn besonders darum mit so grimmigen Haß, weil sie ihn so gut, so arglos, so harmlos sahen. Weil er sie liebte, peinigten sie ihn; weil er sich ihnen so offen anvertraute, versetzten sie ihm Stiche”.
SPRECHER: Dieser Gutgläubige und Arglose wird von Walser >Pauli< genannt. Pauli lebt in ärmlichen Verhältnissen, und deshalb glauben die Etablierten, die sich auf ihre Kultiviertheit etwas einbilden, sie könnten Pauli von oben herab behandeln.
Kontrapunktisch zu Pauli setzt Walser die Figur des “reichen und mächtigen Fluri”, dem er als IchErzähler einen Besuch abstattet:
ZITATOR: “Reicher Leute prachstrotzende Häuser zu betreten, verursacht von vornherein ein gelindes Unbehagen, eine Art mildes Entsetzen. Ich vermochte einen gewissen Greuel nicht zu unterdrücken und nicht gänzlich Herr über einen mir aus der Brust emporsteigenden stillen Zorn zu werden, als ich an Fluris elegante Tür klopfte. Das Treppenhaus war von ausgesuchter Pracht. In den Vorzimmern (…) liefen geschäftige Bediente (…) hin und her. (…) Ein Beben, ein Verzagen, ein Zittern und zugleich eine seltsame, unweigerliche sittliche Entrüstung erfaßt (m)ich im tiefsten Herzen, wenn (…) (ich) sehe, mit was für einem sinnverwirrenden Pomp sich die Mächtigen umgeben, um von Beginn an alles Gerechtigkeitsgefühl zu dämpfen und allen natürlichen Menschenstolz niederzuschlagen. Beängstigend sind die Gebärden sowohl als die Dekorationen der Reichen. (…) Die Großen sind ja nicht durch sich selbst groß, sondern durch die andern, durch all(…) die, denen es ein Entzücken bereitet, sie als groß zu erklären. Durch vieler Leute Würdelosigkeit entsteht diese eine überragende Ehre und Würde. Durch vieler Leute Kleinheit und Feigheit entsteht diese auf einem Punkt aufgehäufte Summe von Größe und durch vieler Leute Verzicht auf Macht diese gewaltige Macht. Ohne Gehorsam ist der Befehlshaber und ohne Diener ist der Herr nicht möglich. Wenn man (den verwöhnten und bedeutenden Leuten) nicht schmeichelt bis zur Geschmacklosigkeit, ist man ihr Feind.”
SPRECHER: Als der IchErzähler in Walsers Pauli und Fluri das Haus des Reichen wieder verlassen hat, als er durch eine der sehr belebten Straßen der Hauptstadt geht, interpretiert er das ungleiche Verhalten der Menschen dem Armen und dem Reichen gegenüber:
ZITATOR: “Das Edle und Gute schlagen sie, weil sie fühlen, daß nicht sie es machen. Weil es aus dem Himmel kommt und in den Himmel strebt, wollen sie es ausrotten. Dagegen dienen sie dem Groben, dem Grausamen, dem Lieblosen, dem Unedlen, weil sie wohl fühlen, daß sie das gemacht haben. Dem reichen und mächtigen Fluri huldigen sie, weil sie ihn zu dem, was er ist, gemacht haben. Er ist ihr Werk. Sie lieben in ihm sich selber. Sie hassen, schlagen und verfolgen Pauli, der arm ist, aber sich selbst genügt. Wer sie zu Sklaven macht, den lieben sie; wer gut zu ihnen ist, den hassen sie. Sie lieben, ehren und preisen das Böse. Wer ihnen freien Willen läßt, an dem lassen sie ihre Wut aus.”
SPRECHER: Robert Walser leistet mit dieser Kritik am Verhalten der intellektuellen und finanziellen Oberschicht zwar keine hinreichende ökonomische Analyse, denn Vermögen erwirbt man nicht allein dadurch, daß man von anderen für bedeutend erklärt wird; aber er beschreibt im Rahmen seiner Kritik sehr zutreffend, wodurch etwa Schriftsteller und Künstler zu Ruhm und Ansehen gelangen, ja, wodurch sie überhaupt für Künstler und Schriftsteller gehalten werden. Und ähnliches gilt für die Politik: Mächtig wird ein Staatsmann oder gar ein Diktator nicht durch sich selbst, sondern durch die, die ihm Machtbefugnisse übertragen. Ohne die zahllosen willigen Helfer hätte kein Hitler, Himmler oder Heydrich seine totalitäre Herrschaft ausüben können.
Mit Fluri, dem Reichen, den er beschreibt, könnte Robert Walser Walther Rathenau gemeint haben. Walser hatte in seiner Berliner Zeit, zwischen 1906 und 1913, Kontakt zu dem Sohn des Gründers der AEG. Rathenaus Biographie bildet gleichsam einen Kontrapunkt zu der von Walser: Dessen Vater war ökonomisch gesehen ein Verlierer, Rathenaus Vater ein Gewinner. Der Dichter wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, der Industriellensohn im Luxus.
Walther Rathenau hatte im Jahre 1908 ein Jahreseinkommen von 200.000. Mark, das im Jahre 1910 bereits auf die enorme Summe von 300.000. Mark angestiegen war. Rathenau kaufte 1909 das Schloß Freienwalde, “das ehedem der Königin Luise gehörte”, und er ließ sich 1910 eine repräsentative Villa im Landhausstil in BerlinGrunewald bauen. Robert Walsers Bruder Karl, der in jener Zeit in der Berliner HighSociety als Maler bereits zu Ansehen und zu lukrativen Aufträgen gekommen war, gestaltete in Rathenaus Grunewaldvilla den Vorsaal im ersten Stock. Die Bezeichnung >Vorsaal< stammt von Rathenau selbst.
Man muß hier fragend innehalten: >Vorsaal Rathenau, der sich auch als Sozialphilosoph betätigte, kritisierte in seinen Schriften die Auswüchse des Kapitalismus. Ist solche Kritik aber glaubhaft von einem, der in Prunk und Überfluß lebt? Ist er von der Erfahrung der Realität nicht schon durch seinen >Vorsaal< zu weit entfernt, einer Realität, die ihre subtilen Demütigungen und ihre Härte nur dem offenbart, der sie aus der Froschperspektive erlebt. Auf dieser Perspektive von unten aber hat Robert Walser mit unbeugsamer Konsequenz bestanden. Die Literatur über ihn ist deshalb nicht selten von einem Grundton durchzogen, der ein wenig nach Vorwurf klingt, so, als hätte Walser die Chancen, die sich ihm in seiner Jugend eröffneten, nur zu nutzen brauchen, und hätte er diese genutzt, wäre ihm ein Leben in ungeheizten Dachkammern erspart geblieben. Eine dieser Chancen sei gewesen, eine Stelle auf Samoa anzunehmen, die Walther Rathenau ihm habe verschaffen wollen. Walser hat dieses Angebot abgelehnt, verrät es doch ein tiefgehendes Unverständnis im Hinblick auf das Wesen der Kunst, im Hinblick auf das, wodurch ein Kunstwerk Substanz gewinnt. Eine der substanzbildenden Komponenten für ihn als Schriftsteller ist die Erfahrung von Leid: Leiden bildet eine Art Schwerkraft, die den Widerstandswillen der Seele reizt. Erst die Verarbeitung des Bedrückenden im künstlerischen Prozeß verleiht einem Werk Kontur, Relief und Tiefe. Man könnte geneigt sein, darauf zu erwidern: Aber Gauguin! Reiste der nicht freiwillig nach FranzösischPolynesien, nach Tahiti und auf die MarquesasInseln, abgestoßen von der westlichen Zivilisation. Hat nicht Gauguin gerade dadurch Bilder geschaffen, die von großer Bedeutung für die Kunst der Moderne geworden sind?
Zweifelsohne! Aber für jeden Künstler gilt ein anderes Gesetz, das er in sich spürt und dem er instinktiv zu folgen hat. Walsers Gesetz war, wie er selbst sagte, das Leben “in den unteren Regionen” der Gesellschaft, jenem Ort der Grausamkeiten von Menschen, die sich für Zivilisierte halten und die ihre Unmenschlichkeit mit Vorliebe an solchen demonstrieren, die sie für unbedeutend erachten.

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