Lehe. Christina S. hat gelernt, mit dem Cent zu rechen. Seit Jahren ist die 61-Jährige aus gesundheitlichen Gründen erwerbsunfähig. Früher bezog sie Sozialhilfe, jetzt Hartz IV. Um sich auch mal etwas leisten zu können, hat sie mit der Heizung geknapst. Doch die Rückerstattung der Heizkosten kassiert die Arge-Jobcenter. Ein Fall für „Hilfe für Mitbürger“. Von Gert-Ulrich Hensellek
Ihre kleine Wohnung ist liebevoll eingerichtet. Keine Spenden, wie sie ausdrücklich betont: „Ich habe jedes Möbelstück selbst bezahlt.“ Darauf ist Christina S. stolz. Um sich einen neuen Laminatboden für das Wohnzimmer leisten zu können, verfiel sie auf die Idee mit der Energiekosteneinsparung. Das hatte sie schon einige Male praktiziert, als sie noch Sozialhilfe bezog.
Doch seinerzeit hatte die Behörde Ermessensspielräume und konnte kulant reagieren. Als sie nun von ihrem Vermieter die Mitteilung erhielt, dass sie über 180 Euro Heizkostenguthaben hat, wandte sie sich an die Arge.
„Wir haben leider keine Ermessensspielräume“, sagt Arge-Geschäftsführer Friedrich-Wilhelm Gruhl. Er bedauert, dass die Hartz-IV-Bezieherin so eisern gespart hat und nun im Nachhinein nichts davon hat: „Hätte sie die Heizung bis zum Anschlag aufgedreht, hätten wir dagegen zahlen müssen“, betont Gruhl. Sein Fazit: „Das erschwert es, Wohngeldbezieher zu einem sparsameren Verbrauch zu motivieren.“ Die Arbeitslosengeld-II-Zahlungen über nimmt der Bund. Das Wohngeld – und damit auch die Heizkosten¨– trägt jedoch die Stadt.
Um sich das neue Laminat doch noch leisten zu können, hat sich Christina S. 150 Euro von ihrer Tochter geliehen. Monatlich zwackte sie 50 Euro von ihrem Arbeitslosengeld ab, um es zurückzuzahlen.
Das Geld fehlt jetzt, damit sie sich zu Weihnachten ein paar bescheidene Extras leisten kann. „Nichts Großes. Ich möchte mal zum Frisör, die Haare schneiden und legen lassen. Einen Weihnachtsbaum hätte ich ebenfalls gerne“, zählt die 61-Jährige auf. Dass sie sparsam lebt, zeigt ihr Adventskranz. „Er ist aus Stroh und muss lediglich entstaubt werden.“