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Menschenrecht als Grundlage

Die Arbeit an diesem Blog bezieht sich auf menschenrechtliche Grundlagen.

-Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (Meinungsfreiheit)
-Art. 5 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (Informationsfreiheit)
-Art. 5 Abs. 1 S. 3 Grundgesetz (Pressefreiheit)
-Art. 5 Abs. 1 S. 4 Grundgesetz (Zensurverbot)
-Art. 19 Allgem. Erkl. der Menschenrechte sowie Art. 19 Uno-Zivilpakt (Meinungs- und Informationsfreiheit auch Staatsgrenzen überschreitend)
-Art. 1 von Uno-Resolution 53/144 (schützt das Recht, sich für die Menschenrechte zu engagieren)

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Dienstag, 12. Juli 2011

Verfassungsgrundsätze


Bild:
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http://www.mein-parteibuch.com/blog/2011/07/12/diskussion-um-demokratie-in-deutschland/

Diskussion um Demokratie in Deutschland

von @ 0:44. abgelegt unter Medienmanipulation, Demokratie

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 20, Absatz I)
Üblicherweise zeichnet sich die Sommerzeit in Deutschland dadurch aus, dass aufgrund Urlaubs wenig aktuelle politische und wirtschaftliche Entscheidungen anstehen und die Medien deshalb, weil sie trotzdem regelmäßig irgendwas bringen müssen, reihenweise vergleichsweise unwichtige Randthemen zu hochdiskutierten Themen aufblasen. Das Phänomen ist gut bekannt, betrifft sowohl die Massenmedien als auch alternative Medien, und wird üblicherweise mit dem Begriff Sommerloch bezeichnet.
Im Sommerloch 2011, in dem Deutschland sich gerade befindet, ist das tendenziell ähnlich. Allerdings wurde da gerade das Thema “Demokratie” angeschnitten. Darüber könnte es sich lohnen, ausgiebieger zu diskutieren. Die tendenzielle Nachrichtenarmut des Sommerlochs könnte sich dabei als Vorteil erweisen, das wichtige aber regelmäßig im Alltagstrubel dringlicher Dinge zu kurz kommende Thema über einen längeren Zeitraum in der Diskussion halten zu können und so zu etwas Erkenntnisgewinn für einen breiteren Kreis der Bevölkerung beizutragen.
Ein guter Start für die Diskussion um Demokratie in Deutschland mag die Erklärung des Deutschen Bundestages zur mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen “Griechenland-Hilfe” und “Euro-Rettungsschirm” vom 5. Juli 2011 sein. Eine die Demokratie in Deutschland betreffende Textstelle in dieser vom Deutschen Bundestag veröffentlichten Erklärung lautet:
Der Prozessbevollmächtigte des Deutschen Bundestages, Prof. Dr. Franz Mayer von der Universität Bielefeld, unterstrich einleitend, dass schon erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden bestünden, sie jedenfalls aber unbegründet seien. Die Beschwerdeführer würden sich auf ein neuartiges Recht berufen, das bisher gar nicht existiere, nämlich ein umfassendes Grundrecht auf Demokratie. Für die Anerkennung eines solchen Grundrechts und eine damit verbundene Ausweitung der Möglichkeiten zur Verfassungsbeschwerde gebe es aber keinen Anlass.
Die Meinung des vom deutschen Bundestag als Prozessbevollmächtigten beauftragten Professors, es gebe bisher in Deutschland kein umfassendes Grundrecht auf Demokratie, ist in unabhängigen Medien verschiedenster Farben reichlich zitiert und diskutiert worden, so zum Beispiel, um nur einige unterschiedliche Medien zu nennen, bei den Nachdenkseiten, bei Fefe, im Forum von politik.de, bei MMNews, bei Spreelichter, beim Lumperladen, von Knuddelbacke, im Mein Demokratieblog und im Grundrechteforum.
In der Wikipedia findet sich zu den ersten drei Absätzen des Artikels 20 des Grundgesetzes die Meinung, dass sie Verfassungsgrundsätze beinhalten. Dieser Meinung folgend ist Demokratie in Deutschland kein Grundrecht, sondern ein Verfassungsgrundsatz. Zu den Auswirkungen der Verfassungsgrundsätze auf die Grundrechte wird in der Wikipedia die Meinung vertreten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes jeder Bürger die Möglichkeit hat, sich mittels einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Missachtung der Verfassungsgrundsätze zu wehren und dies rechtlich damit begründet werde, dass das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht durch einen Staatsakt eingeschränkt werden darf, der nicht mit den in Art. 20 GG niedergelegten Verfassungsgrundsätzen in Einklang steht.
Dieser Meinung folgend ist Demokratie in Deutschland also kein Grundrecht, kann aber etwa wie ein Grundrecht eingeklagt werden, da Demokratie ein Verfassungsgrundsatz ist, und die Beachtung der Verfassungsgrundsätze durch den Staat Teil des Grundrechtes auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sind. Folgt man der Meinung des Prozessbevollmächtigten des deutschen Bundestages ist dieser Schutz des in das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch Rechtsprechung eingebundenen Rechtes auf Demokratie aber eben doch nicht das Gleiche wie der mit einem Grundrecht verbundene Schutz, da mit dem Status eines Grundrechtes eine “Ausweitung der Möglichkeiten zur Verfassungsbeschwerde” verbunden wäre.
Der Prozessbevollmächtigte des deutschen Bundestages meint zwar, es gebe dafür “keinen Anlass”, kann sich die Schaffung eines solchen Grundrechtes aber offenbar trotzdem vorstellen, da er erklärt, dass dieses “bisher” nicht existiere. Die in den unabhängigen Medien und Diskussionen überwiegend vertretene Meinung ist wohl, dass viele Menschen in Deutschland quer durch alle Lager gern ein Grundrecht auf Demokratie hätten, sofern es das noch nicht geben sollte. Das Bundesverfassungsgericht könnte ein “Grundrecht auf Demokratie” durch Rechtsprechung schaffen, ähnlich wie es das eigenständige “Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme” 2008 durch Rechtsprechung geschaffen hat.
Anlass für die Schaffung eines Grundrechtes auf Demokratie könnte beispielsweise sein, dass die Politik der Demokratie zu wenig Aufmerksamkeit schenkt, wie die fortdauernde Missachtung der Verfassungswidrigkeit des bundesdeutschen Wahlrechts durch den Bundestag besonders markant zeigt, und die Demokratie durch ein Grundrecht auf Demokratie möglicherweise etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen könnte.
Die Pflege einer Demokratie bedarf jedoch mehr als etwas Aufmerksamkeit durch das Bundesverfassungsgericht. Die Klage, zu deren Abwehr der Prozessbevollmächtigte des deutschen Bundestages erklärt, es gebe kein umfassendes Grundrecht auf Demokratie, zeigt zum Beispiel auf, dass es neben einem in Teilen grundgesetzwidrigen Wahlrecht weitere und viel gravierendere Probleme mit der Demokratie in Deutschand geben könnte. Wenn der die gewählten Abgeordneten im Bundestag einen sehr großen Teil des staatlichen Haushaltsgeldes pauschal in einen großen Finanztopf überweisen, dessen Ausgaben dann von den Topf-Verwaltern ohne nennenswerte zeitnahe parlamentarische Kontrolle, nach Gutdünken, intransparent und womöglich sogar im Geheimen getätigt werden, dann kann darüber ein demokratisches System zumindest teilweise ausgehebelt werden. Den Fall, dass ein Parlament der Regierung pauschal vorab alle Kompetenzen übertragen hat, den gab es in Deutschland schon. Beim letzten Mal, 1933, entstand dabei in Deutschland eine politische Ordnung, die in Deutschland heute niemand mehr als Demokratie bezeichnet. Nun gibt es natürlich große Unterschiede zwischen “Euro-Rettungsschirm” und Ermächtigungsgesetz, aber es ist ja auch denkbar, dass eine “Ermächtigung” stufenweise erfolgt und die pauschale und im Vorab erfolgende Übertragung eines erheblichen Teils der parlamentarischen Finanzhoheit an der unmittelbaren parlamentarischn Kontrolle nicht unterliegende Gremien geht durchaus einen Schritt in Richtung Selbstentmachtung des Parlamentes.
Nicht nur diese zukunftsbezogenen Entscheidungen geben derzeit allerdings Anlass, über die Demokratie in Deutschland nachzudenken. Claudia Roth, eine der Bundesvorsitzenden der Grünen, erklärte gerade in einem Beitrag der Tagesschau anlässlich des Schweigens der Bundesregierung zum Verkauf 200 deutscher Kampfpanzer nach Saudi Arabien, dass das eine “Missachtung des Parlaments” sei. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl erklärte hingegen im gleichen Beitrag der Tagesschau: “Die hochsensiblen Fragen einer Entscheidung, Sicherheitspolitik, Außenpolitik, Menschenrechtspolitik, Wirtschaftspolitik, um nur vier Themen zu benennen, werden im Bundessicherheitsrat behandelt, geheim, vertraulich, hinter verschlossenen Türen. Da gehört das hin.” Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff hat in dem selben Tagesschau-Video folgenden Diskussionsbeitrag dazu geleistet: “Das Parlament hat die Möglichkeit hier Änderungen durchzusetzen, seit Jahrzehnten ist das nicht erfolgt, es war immer Konsens, dass das in den Bundessicherheitsrat gehört, weil der alle Aspekte abwägen kann.”
Die Wikipedia erklärt zum 1955 unter der Bezeichnung “Bundesverteidigungsrat” vom Kabinett Adenauer geschaffenen Bundessicherheitsrat, dass er neun Mitglieder habe: den Bundeskanzler, den Chef des Bundeskanzleramts, die Bundesminister des Auswärtigen, der Verteidigung, der Finanzen, des Inneren, der Justiz und den Bundesminister für Wirtschaft und den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Andere Bundesminister und der Generalinspekteur der Bundeswehr nehmen bei Bedarf mit beratender Funktion an den Sitzungen teil. Auch der Chef des Bundeskanzleramtes hat in den Sitzungen lediglich Beobachterstatus. Wesentliche Tätigkeit des Bundessicherheitsrates sei die Genehmigung oder Nicht-Genehmigung von Rüstungsexporten.
Im Rahmen einer Diskussion um Demokratie in Deutschland ist es sicherlich nicht abwegig zu fragen, ob es in einer Demokratie richtig ist, die mit Rüstungsexporten verbundenen bedeutsamen Fragen von Sicherheitspolitik, Außenpolitik, Menschenrechtspolitik und Wirtschaftspolitik nur im sehr kleinen Kreis geheim und hinter verschlossenen Türen zu diskutieren, oder ob solche Fragen in einer Demokratie in das Parlament und die Öffentlichkeit gehören, gerade weil diese Fragen so wichtig sind. Die Meinungen, wie die Demokratie in Deutschland sein soll, gehen also recht weit auseinander.
Solche Meinungsverschiedenheiten zum Thema Demokratie legen es nahe, sich einmal damit zu beschäftigen, was eigentlich damit gemeint ist, wenn von Demokratie geredet wird. Im Absatz II des Artikels 20 finden sich ein paar Anhaltspunkte, was zu einer Demokratie in Deutschand gehört: “Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.” Im Grundgesetz werden also Volksherrschaft, Wahlen, Abstimmungen sowie die drei Gewalten zu Verfassungsgrundsätzen bestimmt. Das ist ein wichtiger Teil des Gedankengutes, aber natürlich längst nicht alles, was in Deutschland unter Demokratie verstanden wird.
Allgemeiner und ausführlicher ist die Wikipedia. In der deutschen Wikipedia findet sich in der Einleitung zum Stichwort Demokratie folgende Meinung:
Demokratie (gr. Δημοκρατία, von δῆμος [dÄ�mos], „Volk“, und κρατία [kratía], „Herrschaft“, vgl. -kratie) bezeichnet einerseits das Ideal einer durch die Zustimmung der Mehrheit der Bürger und die Beteiligung der Bürger legitimierten Regierungsform, der „Volksherrschaft“. Diese Idealvorstellung wird in Demokratietheorien konkretisiert, die jeweils eine bestimmte Vorstellung von Demokratie beinhalten: so die direkte Demokratie, repräsentative Demokratie, Demarchie, Radikaldemokratie oder Basisdemokratie.
Andererseits bezeichnet Demokratie einige tatsächlich existierende politische Systeme, die sich – unter anderem – durch freie Wahlen, das Mehrheitsprinzip, politische Repräsentation, den Respekt politischer Opposition, Verfassungsmäßigkeit und den Schutz der Grundrechte (bzw. nur den Staatsbürgern vorbehaltene Bürgerrechte) auszeichnen.
Die Demokratie ist in Deutschland (Art. 20 Abs. 1 GG), Österreich (Artikel 1 B-VG) und der Schweiz (Präambel der schweizerischen Bundesverfassung) als tragendes Verfassungsprinzip fest verankert.
Tatsächlich existierende politische Systeme, die als Demokratie bezeichnet werden, zeichnen sich nach der in der Wikipedia vertretenen Meinung unter anderem durch freie Wahlen, das Mehrheitsprinzip, politische Repräsentation, den Respekt politischer Opposition, Verfassungsmäßigkeit und den Schutz der Grundrechte aus. Und es wird angesprochen, dass unterschiedliche Vorstelllungen von Demokratie denkbar sind wie zum Beispiel direkte Demokratie, repräsentative Demokratie, Demarchie, Radikaldemokratie oder Basisdemokratie. Gemein sei all diesen Vorstellungen von Demokratie das Ideal einer durch die Zustimmung der Mehrheit der Bürger und die Beteiligung der Bürger legitimierten Regierungsform. In Deutschland ist natürlich, wie sich aus dem Absatz II des Artikel 20 des Grundgesetzes ergibt, die repräsentative Demokratie Verfassungsgrundsatz.
Die in der Wikipedia verbreitete Beschreibung der Kennzeichen einer Demokratie betont durch die Worte “unter anderem”, dass sie nicht vollständig ist. Der Politiker der Linken und frühere SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine beispielsweise hat in einem kürzlich gehaltenen Vortrag eine Definition von Demokratie gegeben, die ein Merkmal von Demokratie betont, das in der Wikipedia nicht erwähnt wurde. Hier ist ein Ausschnitt aus diesem Vortrag von Oskar Lafontaine:
Ich habe gesagt, Die Linke sei eine demokratische Erneuerungsbewegung - ich will das mal als Überschrift nehmen. Wenn man das sagt, muß man auch wissen, was man unter Demokratie versteht. Kennt Ihr irgendein Programm, in dem das steht? Guckt mal die Programme der anderen Parteien an! Ich habe dort noch nichts gefunden, und deswegen möchte ich die klassische Definition vortragen, weil sie unser Programm bündelt. Wir, Die Linke, verstehen unter Demokratie eine Gesellschaftsordnung, in der sich die Interessen der Mehrheiten durchsetzen. Das ist eine ganz einfache Definition, aber sie hat es in sich. Sie definiert nämlich Demokratie vom Ergebnis her, nicht vom Formalen her.
Wir sind in Deutschland leider gewohnt, Demokratie vom Formalen her zu definieren – also, daß wir dann und dann zur Wahl gehen und was weiß ich. Nein, sie muß vom Ergebnis her definiert werden. In einer Gesellschaft, in der die Reallöhne seit Jahren fallen, in der die Renten seit Jahren fallen, in der soziale Leistungen seit Jahren gekürzt werden, dort herrscht keine Demokratie nach unserer Definition, weil sie vom Ergebnis her zu definieren ist und nicht nur vom Formalen.
Eine Gesellschaftsordnung, in der sich die Interessen der Mehrheiten durchsetzen, ist eine signifikant andere Schwerpunktsetzung bei der Vorstellung davon, was eine Demokratie ausmacht als das was in der Wikipedia steht. Das bedeutet zwar nicht, dass Volksherrschaft, freie Wahlen, repräsentative Vertretung, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung abgelehnt werden, aber es bedeutet, dass sich auch faktisch, tatsächlich die Interessen der Mehrheiten im Großen und Ganzen durchsetzen müsen.
Oskar Lafontaine spricht dabei seit Jahren fallende Renten und Reallöhne sowie gekürzte soziale Leistungen. Noch deutlicher ist der Konflikt der Anschauungen darum, was Demokratie ist, vielleicht beim Krieg in Afghanistan. Seit Jahren möchte allen bekannten Umfragen zufolge eine sehr deutliche Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands, dass die deutschen Truppen schleunigst aus Afghanistan abgezogen werden. Und trotzdem haben die gewählten Repräsentanten des herrschenden Volkes die Truppen bisher nicht etwa abgezogen, sondern im Gegenteil immer weiter aufgestockt.
Dass die gewählten Repräsentanten der herrschenden Volkes einfach nicht machen, was das herrschende Volk will, ist kein Einzelfall, sondern passiert mehr oder minder häufig. Es gibt eine Menge Gründe dafür, warum gewählte Repräsentanten nicht machen, was das herrschende Volk will, und längst nicht jeder Grund geht auf das ehrbare Motiv zurück, dass ein gewählter Repräsentant mit der Nichtbeachtung des Willens des herrschenden Volkes Schaden von eben jenem Volk abwenden will, also der Volksvertreter beispielsweise die Zustimmung zu einem Angriffskrieg oder der Drangsalierung von Minderheiten verweigert, obwohl das herrschende Volk blutrünstig ist und gern einen Angriffskrieg führen oder Minderheiten drangsalieren möchte. Die Erfahrung lehrt, dass angefangen von Lobbyismus und finanziellen Abhängigkeiten über Korruption und Erpressung bis hin zur Agententätigkeit für einen anderen Staat häufig ganz andere Motive für die Missachtung des Willens des von Politikern nicht selten als dummes Stimmvieh betrachteten herrschenden Volkes durch gewählte Repräsentanten ausschlaggebend sind. Betrachtet man da die Demokratie vom Formalen her, funktioniert sie trotzdem prächtig. Versteht man die Demokratie vom Ergebnis her, funktioniert sie nicht so toll.
Es lässt sich also trefflich darüber diskutieren, ob es richtig und wichtig ist, bei der Demokratie zu betrachten, ob sich denn als Ergebnis der demokratischen Prozesse auch der Wille oder die Interessen des herrschenden Volkes durchsetzen. Es gibt Ideen und Ansätze, wie besser dafür gesorgt werden kann, dass gewählte Repräsentanten dem Willen des herrschenden Volkes in einer Demokratie besser Rechnung tragen. In dieser Hinsicht können beispielsweise Elemente direkter Demokratie wie Volksabstimmungen diskutiert werden.
Doch es gibt auch jenseits dessen, dass die gewählten Repräsentanten des herrschenden Volkes sich aus schlechten Gründen weigern, dem Willen des herrschenden Volkes zu entsprechen, in der Staatsform der repräsentativen Demokratie noch ein weiteres Problemfeld: nämlich den Willen des herrschenden Volkes selbst. Interessant ist es bei der Erörterung die Nuance im Hinterkopf zu behalten, dass Oskar Lafontaine nicht vom Willen, sondern von “Interessen der Mehrheiten” sprach. Vergleichsweise banal ist die Feststellung, dass der Mehrheitswille des herrschenden Volkes nicht immer eindeutig bestimmbar ist oder sich kurzfristig ändern kann, und auf dieser Basis keine Politik möglich ist, die jederzeit exakt dem Mehrheitswillen des herrschenden Volkes entspricht. Wenn es bei der Problematik nur darum ginge, dann wäre die Problematik mit dem Wilen des herrschenden Volkes nicht sonderlich gravierend, sondern wenigstens im Großen und Ganzen in etwa passen.
Ein für das Ideal der Staatsform der repräsentativen Demokratie viel gravierenderes Problem hat Edward Bernays 1928 in seinem Standardwerk “Propaganda” wie folgt formuliert:
Die bewusste und intelligente Manipulation der organisierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiges Element in der demokratischen Gesellschaft. Wer die ungesehenen Gesellschaftsmechanismen manipuliert, bildet eine unsichtbare Regierung, welche die wahre Herrschermacht unseres Landes ist.
Natürlich weiß heutzutage jeder, dass es Propaganda gibt, und viele halten sich deshalb für immun gegen Propaganda, doch wissen tatsächlich nur sehr wenige Menschen, wie Propaganda funktioniert. Und noch weniger Menschen wissen, dass sich mit die Ideale einer demokratischen Gesellschaft regelrecht in ihr Gegenteil verkehren lassen. Wenn ein Kreis von Personen in der Lage ist, den Willen des herrschenden Volkes nach eigenem Gutdünken durch Propaganda beliebig zu formen, dann werden alle Formalien einer Demokratie, sei sie direkt oder formal, zur Farce. In diesem Fall liegt keine Volksherrschaft vor, sondern eine nahezu absolutistische Herrschaft des Kreises von Personen, der urch Propaganda in der Lage, den Willen des herrschenden Volkes nach eigenem Gutdünken durch Propaganda beliebig zu formen.
Wer sich mit der Problematik von Propaganda nicht auskennt, mag glauben, dieses Problem betraf in der Vergangenheit Nazi-Deutschland, die Länder des Ostblocks und betrifft heute nur noch eine Reihe von Entwicklungsländern. Doch auch in westlichen Demokratien haben in der Vergangenheit Militärs zu Propaganda-Zwecken ungestraft Terroranschläge wie den Abschuss eines Flugzeuges geplant und Geheimdienste die Medien manipuliert oder ein Loch in eine Gefängnismauer gesprengt, und es sind kaum Fakten bekannt, die darauf hindeuten, dass derartige Propaganda-Maßnahmen heutzutage in den Demokratien der westlichen Welt nicht mehr duchgeführt würden. Im Gegenteil, alles deutet darauf hin, dass in den westlichen Demokratien wie Deutschland renditestarke Propaganda weiterhin massiv eingesetzt wird und längst nicht jede Propaganda handwerklich so schlecht gemacht ist wie die Geschichte von den Massenvernichtungswaffen im Irak, die selbst die Bevölkerung der USA schon nach deutlich weniger als zehn Jahren mehrheitlich als Propaganda durchschaut hatte.
Es gäbe also im gegenwärtigen Sommerloch 2011 viel zu diskutieren, über den Zustand der Demokratie in Deutschland, und über die Möglichkeiten, da etwas zu verbessern.

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